„Es gibt immer
zwei Typen von Erzählern, die ständig miteinander ringen. Der eine schaufelt zu
und verbirgt, während der andere aufgräbt, um zu enthüllen.“ Mankell, Treibsand, Salamanca 1
Das Zuschaufeln
ist mir bei der Begegnung mit dem Taoismus aufgefallen.
Ähnlichkeiten
der Wahrheits-Poser: Moralika, die als Summe der Weisheit verkauft werden.
Ich lese einen
Tao-Text, in dem tatsächlich Konfizius und Lao Tse aufeinander treffen. Da es
ein Text des Taoismus ist, hat das Tao zum Schluss das bessere Argument. Ich
zweifle nicht daran, dass im anderen Fall Konfizius besser weg kommt.
Lau Dan sprach: »Was
bedeutet eigentlich Liebe und Pflicht?« Kung Dsi sprach: »Im innersten Herzen
alle Wesen gern haben, alle lieben ohne Selbstsucht; das ist die Art von Liebe
und Pflicht.« Lau Dan sprach: »Ei, das scheinen mir recht minderwertige Reden
zu sein. Alle zu lieben, ist das nicht übertrieben? Selbstlosigkeit als seine
Pflicht ansehen, das beweist ja gerade, dass man selbstsüchtig ist. Wenn Ihr,
Meister, den Wunsch habt, dass die Welt nicht ohne Hirten sei, so wisst Ihr ja,
dass Himmel und Erde ihre ewigen Ordnungen in sich selbst haben, ...dass die
Tiere ihren Herdentrieb in sich selbst haben..."
("Das wahre Buch vom
südlichen Blütenland (Taoistische Klassiker 1)" von Zhuang Zi, Dschuang
Dsi, Guido Keller, Richard Wilhelm) zu finden bei: https://amzn.eu/cP0BsGS
Konfizius
verteidigt die Herrschaft in Form von moralisch kanalisierter Nächstenliebe,
Lao Tse meint, es genüge auf die natürliche Gegebenheit zu vertrauen. Die
Nächstenliebe sei inhärent, die Form komme von selbst.
Mich erinnert
es an die Konfliktlinie Altes Testament - Neues Testament. Die Schriftkundigen
argumentieren mit der in die 10 Gebote gegossenen Nächstenliebe, Rabbi Jesus
meint mit Lao Tse, richtig leben ergäbe sich von alleine, wenn man die nächsten
liebe wie sich selbst.
Der römische Kaiser Marc Aurel musste ja das drakonische Recht Roms durchsetzen und argumentierte mit Konfuzius, man möge doch durchsetzen, was die Natur an Menschenliebe verlange. Die Denkschule nannte sich Stoa. Die Konkurrenz der Epikuräer meinten, man solle doch alles sein lassen und nach dem Glück streben, wie es die Natur wolle. Politik wurde vermieden.
Und politisch?
Der orthodoxe Kommunismus begründet mit Marx und Macchiavelli die Diktatur des
Proletariats mit der Liebe zum Volk, mit der gleichen Liebe und Lao Tse geht
der Kommunismus/ Sozialismus der Bewegungen von einer Naturkraft der Liebe aus,
die sich im Klassenkampf die Herrschaft selbst schaffe.
Wie war das Stamokap und Revisionist? Wir lieferten einander Schlachten des wahren konfuzianischen Wegs (bei der SPD war wohl Schily so einer), nur um die jeweiligen Vertrauten hoch zu wählen. Die Antragsinhalte waren gleich. Kein Wunder, dass Lao Tse Schröder (und schau an bei Grün ein Turnschuh-Fischer) nach oben schoß und allen Sozialstaat ausbetriebswirtschaften konnte. Wer hatte Recht. Wäre ein "buddhistischer" Mittelweg sinnvoll gewesen? Der Zigarre flotten Lauf hielt weder Koch noch Kellner auf.
Der
Katholizismus glaubt, die Nächstenliebe brauche eine in Hierarchie gegossene
Form, kehrt zum AT zurück, das Protestantisch - Evangelische macht jede/n zur/m
predigenden Nächsten.
Wie ist es mit
dem Atheismus? Dem bleibt ja nur wissenschaftliche Ausrichtung als Grundlage
der Moral. Auch hier meint die Orthodoxie der Nazis, Sovjets und des IS, man
müsse das Volk aus Gründen der reinen Gesinnung regulieren, der Atheismus der
Bewegungen hält eher auf Gewissensautomatik durch Machtergreifung.
Frage: wie
moralisieren Impfverpflichter und Impfhasser? Sind auch hier die jeweiligen
Lager in Manager und Rebellen der Vorherrschaft gespalten? Ich vermute es
stark.
Was ist
richtig?
Blick in die
Vergangenheit: Sowohl die "verantwortungsvolle" wie auch die
"freie" Haltung neigen zur Verwandlung. Freie Bewegungen brauchen
plötzlich ein härteres Konzept als selbst die Herrschaft (Evangelikale,
orthodoxe, maoistische Reglementierungen kamen aus der Befreiung von unten.
Wird dergleichen auch im grünen Bereich geschehen?), verantwortungsvolle
Regentschaften erweichen auf Dauer zu Sümpfen der Willkür, aus der Krieg die Lösung
scheint (Rom, Habsburg, das Reich, Empire). Um den Unterschied und die
Meinungsführung zu sichern, werden die schlimmsten Kriege von oben, die
schlimmsten Massaker von unten herbeigeführt.
Pop und Punk.
Was ist mir Dir?
Zuschaufeln
Es geht hier
und dort, bei Konfizius und Lao Tse darum, die Herrschaft gegen die freie
Person zu erhalten. In der Republik aber gehen Recht und Argument nicht von
einer solchen oder anderen "Weisheit" aus. Und die
"richtige" Vorstellung unterliegt dem Vorrang des Gesprächs vor der
Regel.
Denn Regel ist
Attribut von Herrschaft (sei sie von oben oder von unten gewollt). Sie wird
durch Kategorien nicht, und nicht durch Ausbrüche des Willens ausreichend begründet.
Sie unterliegt zu jeder Zeit und an jedem Ort der steten Prüfung durch
ausreichend viele und vielfältige Personen.
Was lerne ich
daraus? Für die richtige Moral gibt es kein heiliges Buch der Weisheit. Gewissen
und der/die Andere/n, Erfahrung und kritische Vernunft. Irgendwie scheint mir
dies besser genug.
24.1.22