Montag, 24. Januar 2022

Weisheits-Posing

„Es gibt immer zwei Typen von Erzählern, die ständig miteinander ringen. Der eine schaufelt zu und verbirgt, während der andere aufgräbt, um zu enthüllen.“      Mankell, Treibsand, Salamanca 1

 

Das Zuschaufeln ist mir bei der Begegnung mit dem Taoismus aufgefallen.

 

Ähnlichkeiten der Wahrheits-Poser: Moralika, die als Summe der Weisheit verkauft werden.

 

Ich lese einen Tao-Text, in dem tatsächlich Konfizius und Lao Tse aufeinander treffen. Da es ein Text des Taoismus ist, hat das Tao zum Schluss das bessere Argument. Ich zweifle nicht daran, dass im anderen Fall Konfizius besser weg kommt.

 

Lau Dan sprach: »Was bedeutet eigentlich Liebe und Pflicht?« Kung Dsi sprach: »Im innersten Herzen alle Wesen gern haben, alle lieben ohne Selbstsucht; das ist die Art von Liebe und Pflicht.« Lau Dan sprach: »Ei, das scheinen mir recht minderwertige Reden zu sein. Alle zu lieben, ist das nicht übertrieben? Selbstlosigkeit als seine Pflicht ansehen, das beweist ja gerade, dass man selbstsüchtig ist. Wenn Ihr, Meister, den Wunsch habt, dass die Welt nicht ohne Hirten sei, so wisst Ihr ja, dass Himmel und Erde ihre ewigen Ordnungen in sich selbst haben, ...dass die Tiere ihren Herdentrieb in sich selbst haben..."

("Das wahre Buch vom südlichen Blütenland (Taoistische Klassiker 1)" von Zhuang Zi, Dschuang Dsi, Guido Keller, Richard Wilhelm) zu finden bei:  https://amzn.eu/cP0BsGS

 

Konfizius verteidigt die Herrschaft in Form von moralisch kanalisierter Nächstenliebe, Lao Tse meint, es genüge auf die natürliche Gegebenheit zu vertrauen. Die Nächstenliebe sei inhärent, die Form komme von selbst.

 

Mich erinnert es an die Konfliktlinie Altes Testament - Neues Testament. Die Schriftkundigen argumentieren mit der in die 10 Gebote gegossenen Nächstenliebe, Rabbi Jesus meint mit Lao Tse, richtig leben ergäbe sich von alleine, wenn man die nächsten liebe wie sich selbst. 

Der römische Kaiser Marc Aurel musste ja das drakonische Recht Roms durchsetzen und argumentierte mit Konfuzius, man möge doch durchsetzen, was die Natur an Menschenliebe verlange. Die Denkschule nannte sich Stoa. Die Konkurrenz der Epikuräer meinten, man solle doch alles sein lassen und nach dem Glück streben, wie es die Natur wolle. Politik wurde vermieden.

 

Und politisch? Der orthodoxe Kommunismus begründet mit Marx und Macchiavelli die Diktatur des Proletariats mit der Liebe zum Volk, mit der gleichen Liebe und Lao Tse geht der Kommunismus/ Sozialismus der Bewegungen von einer Naturkraft der Liebe aus, die sich im Klassenkampf die Herrschaft selbst schaffe.

Wie war das Stamokap und Revisionist? Wir lieferten einander Schlachten des wahren konfuzianischen Wegs (bei der SPD war wohl Schily so einer), nur um die jeweiligen Vertrauten hoch zu wählen. Die Antragsinhalte waren gleich. Kein Wunder, dass Lao Tse Schröder (und schau an bei Grün ein Turnschuh-Fischer) nach oben schoß und allen Sozialstaat ausbetriebswirtschaften konnte. Wer hatte Recht. Wäre ein "buddhistischer" Mittelweg sinnvoll gewesen? Der Zigarre flotten Lauf hielt weder Koch noch Kellner auf.

 

Der Katholizismus glaubt, die Nächstenliebe brauche eine in Hierarchie gegossene Form, kehrt zum AT zurück, das Protestantisch - Evangelische macht jede/n zur/m predigenden Nächsten.

 

Wie ist es mit dem Atheismus? Dem bleibt ja nur wissenschaftliche Ausrichtung als Grundlage der Moral. Auch hier meint die Orthodoxie der Nazis, Sovjets und des IS, man müsse das Volk aus Gründen der reinen Gesinnung regulieren, der Atheismus der Bewegungen hält eher auf Gewissensautomatik durch Machtergreifung.

 

Frage: wie moralisieren Impfverpflichter und Impfhasser? Sind auch hier die jeweiligen Lager in Manager und Rebellen der Vorherrschaft gespalten? Ich vermute es stark.

 

Was ist richtig?

 

Blick in die Vergangenheit: Sowohl die "verantwortungsvolle" wie auch die "freie" Haltung neigen zur Verwandlung. Freie Bewegungen brauchen plötzlich ein härteres Konzept als selbst die Herrschaft (Evangelikale, orthodoxe, maoistische Reglementierungen kamen aus der Befreiung von unten. Wird dergleichen auch im grünen Bereich geschehen?), verantwortungsvolle Regentschaften erweichen auf Dauer zu Sümpfen der Willkür, aus der Krieg die Lösung scheint (Rom, Habsburg, das Reich, Empire). Um den Unterschied und die Meinungsführung zu sichern, werden die schlimmsten Kriege von oben, die schlimmsten Massaker von unten herbeigeführt.

 

Pop und Punk. Was ist mir Dir?

 

 

Zuschaufeln

 

Es geht hier und dort, bei Konfizius und Lao Tse darum, die Herrschaft gegen die freie Person zu erhalten. In der Republik aber gehen Recht und Argument nicht von einer solchen oder anderen "Weisheit" aus. Und die "richtige" Vorstellung unterliegt dem Vorrang des Gesprächs vor der Regel.

 

Denn Regel ist Attribut von Herrschaft (sei sie von oben oder von unten gewollt). Sie wird durch Kategorien nicht, und nicht durch Ausbrüche des Willens ausreichend begründet. Sie unterliegt zu jeder Zeit und an jedem Ort der steten Prüfung durch ausreichend viele und vielfältige Personen.

 

Was lerne ich daraus? Für die richtige Moral gibt es kein heiliges Buch der Weisheit. Gewissen und der/die Andere/n, Erfahrung und kritische Vernunft. Irgendwie scheint mir dies besser genug.

 

24.1.22

Montag, 17. Januar 2022

Was kann ich wissen?

Was ich wissen kann:

Zeit:            Das ohne Anfang und Ende Aufeinanderfolgen

Raum:        Das ohne Anfang und Ende Ausgedehnte

Kausalität: Das ohne Anfang und Ende Auseinanderfolgen

Zeit, Raum, Kausalität:

Nacheinander, Nebeneinander, Auseinander, unendlich ausgedehnt, unendlich teilbar

Subjekt und Objekt der Erkenntnis: das Ich und das Andere, Erkennendes und Erkanntes

Auf dieser Folie, nach ihren Bedingungen gestaltet das Wirkende, die Wirklichkeit.

Soweit Erkenntnisphilosophie anhand Schopenhauer

Was ich nicht wissen aber glauben kann:

Das Was der Welt, hinter oder in all dem Wie. Das „Ding an sich“, die Welt in sich selbst. Das, von dem ich mir nach Bibel und Koran kein Bildnis noch Gleichnis machen soll, nach erkennender Philosophie kein treffendes Bild noch Gleichnis machen kann.

Ein Gemeinsames in der unendlichen Vielfalt der Erscheinungen. Nicht erkennbar, aber in der Spekulation des Ich als Ich-noch-einmal in anderer Gestalt vermutet. Vorstellung als eine Seite der Münze Existenz, Wille als die andere, ihr entsprechende Seite. Da gibt es tausend Namen: Gott, Jahwe, Allah, Brahm, Sinn des Tao, Manitu ppp.

Unglaubhafte Fantasien:

In der Wissenschaft: gekrümmter Raum, kleinste unteilbare Teile mit oder ohne Ausdehnung, eine denkbare Grenze der Geschwindigkeit und vermutlich viele andere Glaubenssätze.

Im Glauben: eine Erschaffung, ein Ende der Welt, Wiedergeburt der Person oder in einer anderen Gestalt, eine Person als Herrscher*in, Gestalter*in der Existenz, ein Gott ohne Menschenliebe und vermutlich viele andere Glaubenssätze.

Das Wunder: Geboren zu sein, Leben, Menschlichkeit, und, was keine*r versteht und jede*r zumindest als Sehnsucht fühlt: Liebe.

 

Klaus Wachowski 17.1.2022

 

 

 

 

Mittwoch, 12. Januar 2022

Hooligans am Capitol

Gestern sah ich mir die Dokumentation des SWR zum Sturm aufs Capitol an. Wie jeder Anblick von den großen Taten von Hooligans widerwärtig und Zweifel an der Menschlichkeit des Menschen erregend. Freiheit lautete der Deckmantel des Projekts Machtergreifung. 

Sie brüllen: "1776"! Washington hätte sie dafür aufhängen lassen. Bedeutsam heben Sie den Finger: "Heimat", das alte Motto von Rattenfängern der Herrschaft oder "Famile", diese uralte Heuchelei von Schlägern und Tyrannen. Und schließlich "Gott", der mit dem Löschen ihres Menschenhasses überfordert ist.

Von Bürgern ausgewählte Männer und Frauen der Republik wurden von einem Mob bedroht, eingepeitscht von sanft lächelnden Gurus der Brutalität, Propagandabläsern des Totschlags im Namen des Herrn, der sie ohnmächtig verflucht. (Mit Verlaub, mein Prediger und Guru, Sie sind ein Arschloch!) Im Namen einer Nation, deren Freiheit sie mit Baseballschlägern kleinprügeln wollten.

Ein Depp mit Hörnern fläzt sich auf dem Sessel des Präsidenten des Parlaments, auf dem Stuhl der Vizepräsidentin, als wolle er auf dem Ehrenplatz der Republik einen Thron für König Babbitt bereiten.

Lachen, Brüllen und Draufschlagen. 

Die Polizei, hoffnungslos in Unterzahl, ist die einzige Macht, die mutig und verantwortungsvoll lange Widerstand leistet und den Tempel der Republik endlich von dem asozialen Pöbel räumt, dem gleiches Recht verhasst ist und der glaubt, ein unveräußerliches Recht auf Herrschaft über die Bürger zu haben. 

Einen Trickser aus der Zockerdynastie zum Gröfaz  auszurufen! Der Versuch wird immer wieder unternommen. Und manchmal gelingt er. Dann braucht es großer Anstrengung, in Frieden und Freiheit zurückzukehren. 

"Wir sind das Volk" "unser Land"! Die Bürger wollen das nicht? Dann läßt Catilina zum Capitol marschieren.

Hoffen wir auf Cato, das Volk der Bürger, auf die Anständigen. Gott ist auf der Seite des Menschen. Der zur Freiheit - auch zur Freiheit von Gewalt - geborenen Person. 

In Kasachstan stürmen umgekehrt die Bürger ein von üblen Kräften gehaltenes Rathaus der Knechte.

Die USA hat in meiner Zeit 4 Angriffe auf die Verfassung überlebt: McCarthy, Watergate, den 11.9. und nun den Versuch einer diktatorischen Machtergreifung. 
Die Klugen und die Weisen aller Zeiten verweisen darauf, daß unter den Menschen auch immer rücksichtslose und brutale Gruppen zu finden sein werden. Aber eben auch die anständige Mehrheit bei Arm und Reich.

Which side are you on? 
Was Du tun solltest? Höre auf Dein Gewissen und handle nach Deinen Möglichkeiten. 

Die Republik bleibe wach! 
Dank den Polizisten am Capitol! 

Freitag, 7. Januar 2022

An Kasachstan denken

Kasachstan

Es schneit Privilegien,
Der Fürst sammelt Gold,
Die Not schwappt über die Ufer,
Die Gefängnisse bersten.

Die Gesänge der Priester und Schamanen,
Die Posaunen der heiligen Ermächtigung,
Die Shows von Protz und Prunk,
Das Gespräch verstummt.

Zorn der Freiheit,
Der Gerechtigkeit Ruf,
Die Gemeinschaft der Bürger,
Empörung und Leid.

Privilegien stürzen in schmelzendem Schnee,
Herrschaft säuft aus blutigen See
Angst und Gewalt.
Aus der Freiheit aber erwachsen
Freundschaft und Frieden.

7.1.22

Donnerstag, 6. Januar 2022

Tao, die Kunst, nicht unterscheiden zu wollen

Tao oder die Kunst, nicht unterscheiden zu können

Innen und  Außen

Innen, das spüre ich,

Außen, das sehe ich.

Was ich vom Außen weiß,

Weiß ich vom Innen.

Bist Du nicht ein solches Ich wie ich?

Wohl anders, aber auch so.

 

Lao Tse, eine Art gut besoldeter Sloterdijk eines Machtkiffers von Sezuan, begibt sich in die Welt. Die taoistischen (word verbessert: maoistischen. Auch nicht schlecht) Sternsinger mit abgehackten Füßen, einer war ungehorsam und frech, rufen „Heil, Heil!“

 

Es gibt sie, die Wahrheitstrompeter. Leute, die lieber Autoritäten verehren als Nachbar*innen zu achten.

In jungen Jahren bin ich zum Beispiel  aus Gerechtigkeitssinn auf die Wahrheiten des Marx hineingefallen, den es selbst nach Autorität zog. Seine Wahrheit:  Egoismus ist die in der Geschichte herrschende Naturkraft, die Geschichte ist nichts als eine Folge von Klassenkämpfen. Bei einseitiger Betrachtung stimmig, bei Betrachtung aller wirkenden Kräfte kommt einem das dann seltsam vor. Fällt zum Beispiel jemand neben Dir hin zeigt sich die persönliche Moral in der Menschlichkeit / Unbarmherzigkeit deutlicher wirkend als das Handeln nach Klassenvorteil. 

Oder später Schopenhauer, dessen erkenntnistheoretischen Ergebnisse doch das Beste sind, was mir auf diesem Sektor untergekommen ist. Er konnte unterscheiden. Aber auch er versteht nicht alles. So bleibt Liebe ihm ein Rätsel (sie sei so etwas wie Mitleid!) wie auch Religion. Und seine Aphorismen sind eben nicht mehr als das.

Schon früh habe ich das Tao-te-king gelesen.

 

Aus Wikipedia: „Moral ist Dürftigkeit Ein Mensch des Dao lässt sowohl von persönlichen Wünschen und Begierden, als auch von gesellschaftlich anerkannten Zielen und Regeln ab. Insofern versucht er auch nicht mehr, moralisch gut zu sein. Moral ist bei Laozi bereits die Endstufe des Verfalls der Motive: Ist der SINN [Dao] verloren, dann das LEBEN [De]. … dann die Liebe. … die Gerechtigkeit. … die Sitte. Die Sitte ist Treu und Glaubens Dürftigkeit und der Verwirrung Anfang. Erst wenn das Dao verloren sei, erfänden die Menschen Sitten und Gebote, was sie noch weiter vom natürlichen Tun entferne. Die Regierung soll dem nicht Vorschub leisten: Tut ab die Sittlichkeit, werft weg die Pflicht, so wird das Volk zurückkehren zu Kindespflicht und Liebe.“ Volk als Kind…

Nun: Und doch behauptest Du, den Weg zum Heil zu kennen: Nicht handeln. Hätten die Menschen Deinem Ratschlag gefolgt, dann gäbe es heute eine ungeheuer mächtige Schicht von Menschen- und auch - Tao-Verächtern - und eine ungeheuer große von Geburt an in ein elendes Leben hinaussterbende Masse.

Gib Gott, was Gottes ist und dem Kaiser Alles, seinem philosophierenden Beamten ein ordentliches Bakshish. Hätte es jemals eine Republik gegeben, wenn die Menschen an die Weisheit auf dem Thron geglaubt hätten? (Plato, auch so einer, der nicht immer recht unterscheiden kann.) Sie haben sich von den Monologen der „Weisen“ aus den wohlversorgten Nebenzimmern der Herrschaft nicht auf Dauer handlungsblöd halten lassen, sondern Parlament und Mitsprache der Person eingefordert, statt sich der Willkür von Cliquen und Familien der Macht zu unterwerfen. Sokrates: sehr gut! Aber unsere Demokratie lassen wir uns nicht blöd fragen.

Ja: Auch die Dummheit und die Selbstzufriedenheit des Spießers und das Redeprivileg des brav gehaltenen Asketen wirken mit Fake und Aufgeblasenheit der Mißachtung von Not gegen die Naturkraft des menschlichen Gewissens, gegen die Naturkräfte der Sehnsucht nach Freiheit und Gerechtigkeitsgefühl. Herrschaft, Diktatur, ideologische Gehirnwäsche haben viel in Hass und Verachtung gebrochene Hoffnung für und hinter sich. Aber der Mensch ist nicht als Wolf, sondern als Person geboren und hört, mal verlockend, mal gebieterisch den Ruf des menschlichen Gewissens eben nach Freiheit, Gleichheit und Hilfsbereitschaft unter Menschen.

Die Gleichmut, mit der alles, was nach Intellekt und Bildung aussah, umgebracht wurde (Pol Pot), umgebracht werden soll (Boku Haram) und in die Kerker der Diktaturen der Sovjet-Nachfolge aussortiert werden, findet sicherer als im überspitzten Wahn des Nietzsche in der Wurstigkeit des Taoismus die passende Entsprechung. Oder sieh mal das faule Lob im Nobelpreis auf den verzwirbelten Eigenbrödler Handke: einem, dem die Welt (ansonsten) so egal ist, daß ihm die Selbstdarstellung als Größe wichtiger erscheint als die Reue für serbischen Lobsprech angesichts Srebrenica.

Auch die Lehre des Tao mag zu mannigfaltiger Erlösung und Erleuchtung befähigen: gegen die kritische Vernunft der Aufklärung, die erfahrungsgestützten Empfehlungen der Stoa, die Menschlichkeit anmahnenden Grundätze mancher Religion ist sie ein Räucherstäbchen im Geruchsorkan eines der vergangenen Frühlinge, die hoffentlich -und vom Handeln der Menschen unterstützt– bald wieder kommen werden.

*

Ein buddhistisches Rubbellos

Salon Prokalyvaniye Ushey

 

Der Straßenkehrer Juri Gagarilov aus Tokalinsk findet an der bekannten Ecke des Salon Prokalyvaniye Uschej ein buddhistisches Rubbellos, in dem ein Erleuchteter auf den Ausspruch des Lao Tse hinweist: :Kümmere Dich nicht um Memorial, sondern erstrebe Weisheit in der Entrückung eines Riesling von Socci."

Er flucht vor sich hin: "Könnten schon ein paar Gulden mehr löhnen!" Der Zar trabt vorbei. Nackter Oberkörper, lustiges Lächeln, schwarze Ork-Truppe voraus. An der Seite den Sultan Basar und der Kaiser der Parteitriaden.

Der Straßenkehrer denkt: „Rubbish von allen Seiten!“ Unterscheiden können. Innen ist nicht Außen, nah nicht fern. Am falschen Ort ist Weisheit ein Rubbellos, vornehme Enthaltung schäbige Unterlassung, Unbarmherzigkeit und feige. Alles eins war vor dem Leben und wird nach ihm sein. Jetzt muß ich die Straßenzeichen und die Spur vom Abfalleimer aus unterscheiden können, wenn das Leben des Lebens wert sein soll.

Eine Sekte Impf-Hass tanzt vorbei: “Dau! Dau!, Chill mal, Alter!“ Gagarinov zieht ab. Er nimmt sich vor, doch mal Popper oder Sokrates zu lesen. Das scheint ihm besser in einem Leben, das gelebt und geliebt wird.

Und ich?! Was meine ich? Denke doch selber, aber denke!

Eine Methode, mit sich selbst ins Reine zu kommen und die Welt zu erkennen, darf nicht genutzt werden, um Menschen zu einem bestimmten Handeln zu überreden, insbesondere ist ins Ohr Trompeten schon von der Lautstärke her Unrecht. Wir können es nicht immer vermeiden, haben aber Menschen um uns herum,die uns -hoffentlich- berichtigen. In einem englischen Podcast über Popper glaube ich zu verstehen, daß der die großen, also die verehrten philosophischen und religiösen Systeme für fehlerbehaftet deshalb hielt, weil sie im Ende nur der Autorität zu dienen bestimmt waren. Beim Taoismus scheint mir das leider, leider zuzutreffen.

 

6.1.2022

 

 

*

Mit Recht hat eine Freundin darauf hingewiesen, daß Kunst, Philosophie und alles, was der Person über das Überleben hinaus wichtig ist, allen Nutzen geradezu ausblenden muß, wenn es etwas werden soll.

Daß der Mensch nicht vom Brot allein (wer hat das nochmal gesagt?), also nach Tao nicht vom Nutzen allein lebt, ist wohl Teil aller Denksysteme. -Der/die Intellektuelle, die sich selbst das Wasser abgraben, muß noch geboren werden -. Aber die Menschen leben und überleben schon zur Hauptsache davon, auch mal von einem Stück Fleisch. Übel ist, sie für dieses Angewiesen sein zu verachten. Das tut aber das Tao im Gleichnis von der alten Eiche.

Statt den Weg des Tao empfehle ich, einmal den folgenden auszuprobieren:

 

Weg

 

Eigner Weg,

krummer Weg;

schweres Herz,

Mond schon schräg.

Hast du einen Kummer lang:

sei nicht bang!

 

Eigner Weg,

schwerer Weg;

deinen Kopf

an meinen leg.

Zarathustra grinst uns an,

spuckt in unsre Bahn.

 

Eigner Weg

kreuzt den Weg;

laß uns reden

nacht und tag.

Hast du einen Kummer lang:

Geh mit mir den eignen Gang.

 

Klaus Wachowski

(nachbearbeitet 1998)

 

 

Mittwoch, 5. Januar 2022

Räucherstäbchen Tao

Der Geruch eines Räucherstäbchens kann mich einen langer Abend lang über die Nacht im Konfuzius-Knast hinwegtrösten. Aber wir wissen: es ist eigentliches Dope. Tao. Die Sehnsucht erinnert mich an die Duft-Orkane der letzten Frühlinge. 

Sonntag, 2. Januar 2022

Der alte Eichbaum

Ein alter taoistischer Text, der scheinbar häufig und abgewandelt dargestellt wird, hat mich interessiert. Etwas älter als in früheren Jahren ist es mit der Begeisterung nicht mehr so leicht. 
Die Erkenntnis, dass alles eins ist, ineinander fällt, muss ja nicht in die Folgerung "alles ist eitel" münden oder in die des besagten Textes. Ich sehe in ihm das Dilemma des Intellektuellen schon im alten China. Offensichtlich gab es dort nur zwei moralisch bedenkliche Entscheidungen: als "Held" dem Kaiser zu dienen oder als "weiser" Narr Eremit oder "Meister" des Unnützen zu werden. Die sogenannte innere Emigration wird wohl hier empfohlen. Angstvhölle des alten China als Hort der Weisheit.

Zu einer Revolution wie etwa in Athen oder Rom reichte es noch nicht. Die Erkenntnis selbst ist schön umschrieben, die Folgerung muss auch ein/e Taoist/in nicht teilen. 

Nach einem Gleichnis, in dem Nichtleiden und Nichtfreude, Nichthandeln und Nichtsehnen als Weg gegenüber dem auf Nutzen ausgerichteten Leben empfohlen werden, äussert sich der alte Baum gegenüber den verächtlichen Schreiner: 

"Mit was für Bäumen möchtest du mich denn vergleichen? Willst du mich vergleichen mit euren Kulturbäumen wie Weißdorn, Birnen, Orangen, Apfelsinen, und was sonst noch Obst und Beeren trägt? Sie bringen kaum ihre Früchte zur Reife, so misshandelt und schändet man sie. Die Äste werden abgebrochen, die Zweige werden geschlitzt. So bringen sie durch ihre Gaben ihr eigenes Leben in Gefahr und vollenden nicht ihrer Jahre Zahl, sondern gehen auf halbem Wege zugrunde, indem sie sich selbst von der Welt solch schlechte Behandlung zuziehen. So geht es überall zu. Darum habe ich mir schon lange Mühe gegeben, ganz nutzlos zu werden.

Sterblicher! Nun habe ich es so weit gebracht, dass mir das vom größten Nutzen ist. Nimm an, ich wäre zu irgend etwas nütze, hätte ich dann wohl diese Größe erreicht? Und außerdem, du und ich, wir sind beide gleichermaßen Geschöpfe. Wie sollte ein Geschöpf dazu kommen, das andere von oben her beurteilen zu wollen! Du, ein sterblicher, unnützer Mensch, was weißt denn du von unnützen Bäumen!"

(aus "Das wahre Buch vom südlichen Blütenland (Taoistische Klassiker 1)" von Zhuang Zi, Dschuang Dsi, Guido Keller, Richard Wilhelm) bei Amazon.



Antwort des Weißdorns in 7 Gedanken:

1. Auch Du trägst Früchte: süße und faule Weisheit.
2. Der Mensch sei dem Menschen wert. Was dein "Sinn" oder Gott davon hält, kann nicht wertvoller sein.
3. Frucht tragen und geben erfüllt - auch von und mit Dir.
4. Wie dem Glück das Leid, so steht dem Leid das Glück gegenüber.
5. Die Bilanz mag schlecht sein. Sie ist zumindest ebenso gut wie nichts tun, nichts leiden, nichts helfen.
6. Du rätst ab? Lass es uns ausprobieren!
7. Du hast die Liebe vergessen, ich komme von einem Grab."

Samstag, 1. Januar 2022

Was ist 💘?

Narrenkopf, der Philosoph fragt: Was ist der Sinn der Liebe?
Die Liebenden aller Räume und Zeiten antworten: Liebe ist der Sinn, mein lieber Arthur, Friedrich, Lao, Platon, Marc ppp.