Mittwoch, 24. Juli 2019

Wikipedia Geschichte der Psychologie

Kennt Philipp Moritz, Anton Reiser nicht.

Seinen Ruhm als Schriftsteller und als Psychologe begründete Moritz mit dem “psychologischen Entwicklungsroman” Anton Reiser (1785–1790). 

Das von ihm 1783 bis 1793 herausgegebene “Magazin zur Erfahrungsseelenkunde”, das auch Dokumente zur Vorgeschichte des “Anton Reiser” enthält, war die erste deutsche Psychologiezeitschrift. Moritz verwendete darin bereits Begriffe wie Psychopathologie oder “psychologische Semiotik”.

Beide Zitate aus spektrum.de LEXIKON DER PSYCHOLOGIE:Moritz, Karl Philipp

Ich denke, es ist der alte Kampf zwischen spekulativ- theoretischer Analyse und Lebenspraxis in der aus der Erfahrung entwickelten Therapie.

Beide haben wertvolle Erkenntnis und - weiterhin - wenig Gewißheit. Aber nur die eine, weniger berührende, wird gefördert. Die lexikalen Kleriker wenden sich nach der Hausmacht.

Dienstag, 16. Juli 2019

Chain of fools III Sloterdijk

Sloterdijk, der Flautomat

Nein, ich befasse mich nicht mehr mit seiner Philosophie, das wäre mit Blick auf die mir verbliebene Zeit zu unfair gegenüber gehaltvolleren Gedanken anderer Philosophen. Wie die Beschäftigung mit dem international bekannteren Begriffebläser Heidegger nimmt es Energie von Leben ohne mit einem Gewinn zu entschädigen. Im Gegenteil sind solche Tänze auf den Früchten der menschlichen Erkenntnis eher geeignet, die wenigen Gewissheiten von Schopenhauer bis Sokrates in eine gärende Brühe zu pamperisieren. Das hält zwar manchen Verlag und allerlei Akademie am Leben, aber wer Wissen, Wahrheit, Erkenntnis, Gewißheit sucht, verirrt sich in labyrinthischen Gehirnwendungen des Aufgesetzten, weit Herbeigeholten, Aufgeblasenen und oft genug nur Falschen.

So war mein Lesen von Texten Sloterdijks stets von Erheiterung und gleichzeitig von Zorn begleitet. Ich habe nichts dagegen, daß nach dem wesentlichen Abschluss der Erkenntnisphilosophie durch Schopenhauer allerlei Lustiges und Trauriges in ethischen und kommunikativen Angelegenheiten betrieben wurde, um der eintretenden Langeweile wenigstens eine Unterhaltung entgegenzusetzen.

Wenn man alles weiß, also nichts, besteht die Gefahr, daß der Intellekt an Unterbeschäftigung eingetrocknet. Die Versuche, anders oder besonders zu denken, oder Weisheit am Alltag zu erproben, gar im politischen Handeln, können dazu helfen, Geist und Urteilskraft beweglich zu halten und zu erfrischen. Soweit dabei Vernunft und Anstand gewahrt sind, lohnt sich mancher auch finanzieller gesellschaftlicher Aufwand für Philosophie und religiöse Theorie.

Mir haben sich die philosophischen Versuche nach Schopenhauer enttäuschend dargestellt. Es begann mit Nietzsche, der mit poetischen Wedeleien seine Rückschritte kaschieren wollte vom "Willen zum Leben" zum "Willen zur Macht", von der Philosophie der Erkenntnis zum Programm des Ich und der Rasse, einer Religion mit Umkehrung der Vorzeichen.

Wittgenstein, sehr interessant, drehte die Frage vom "Was kann ich wissen?" zum  "Kann ich überhaupt etwas (von Dir) verstehen?". Eine Frage, die die Erkenntnisphilosophie als geklärt voraussetzt, indem sie von einer gemeinsamen Fähigkeit des Einander-Verstehens aus der jedermann in gleicher Gestaltung angeborenen Fähigkeit des Erkennens ausgeht.

Strukturalismus, Dekonstruktion und andere... Man befasste sich mit den Bedingungen der Erkenntnis, mit ihrer Bedeutung für das Leben, mit ihrer Glaubwürdigkeit. Fragen der Moral en Masse und Zynismen des Ego. Man ging ab von der Frage: Was ist die Welt? Was kann ich wissen? - Zurück hinter Kant.

(Einmal glaubte ich Gewißheit gefunden zu haben, als ich Bert Russels kritischen Realismus im "warum ich kein Christ bin" gelesen hatte. Seine Beweisführung gegen Gott erkannte ich mit Schopenhauer schließlich als mit der gleichen Ungewissheit behaftet wie die für Gott, die er angegriffen hatte.)

Interessante Beschäftigungen, Spiele, Rätselraten.
Aber das hatte ich nicht gesucht, als ich nach dem Was fragte, in einem wirklichen Leben.

Wenn Witz und (geistloser) Geistesblitz, warum dann nicht auch ein immer interessanter Flautomat und Begriffs-Fex vom Allotria? Warum nicht Windbeutel und Wetterfahne? Warum nicht Luftikus vom Schaumkuss und letztlich Schnarchosoph im Onititt?

Er mischte sich in ungehöriger Weise in das Handeln in der Welt ein. Nutzte die Gläubigkeit der Menge, die mal irgendetwas davon gehört hatte, dass er ein irgendwie kluger Kopf sei zu menschenfeindlichen Äußerungen, verstieg sich zur "Menschenzüchtung".

Bei mir war die Grenze überschritten. Auch im kritischeren Teil der Medien, sodass der noch nach- brennende Ruhm keine nachhaltige Wirkung haben dürfte. Was sollte ein Sloterdijkane auch als Philosophie vortragen. Schwatzen bis ins Eso? (Wer nichts glaubt, glaubt alles). Mir gedenkt noch mit Schaudern die "denkende Rakete".

In die Chain of fools kommt er nur, weil er auch mir einst bei der Suche nach einem Nachfolger von Ernst Bloch kurzfristig die Urteilskraft verwirren konnte. 

*

"Seit einem Jahrhundert liegt die Philosophie im Sterben und kann es nicht, weil ihre Aufgabe nicht erfüllt ist." Kritik der zynischen Vernunft.  Aus seinem Blog. Ein bisschen aufgewärmter Nietzsche.

"Zwischen 1978 und 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf". (Der schon andere Hirne sich zu Brei meditieren ließ.)

Osho: ("Zitate zum Nachdenken" im web) "Fange an, diesen Moment zu leben und du wirst sehen - je mehr du lebst, desto weniger Probleme wird es geben." Hatte Osho Probleme? Im Seniorenalter würde ich fragen: Wie kam der auf so etwas? ..."... sein idiosynkratisches, allem Anschein nach furchtloses und unbeschwertes Gebaren sahen viele desillusionierte Menschen aus dem Westen als Zeichen dafür an, dass hier jemand war, der echte Antworten gefunden hatte." -Aus Wikipedia-
Während Sloterdijk sich beim Guru die Urteilskraft massieren ließ, nahmen andere mit den Fragen  konkreten Lebens, der Liebe und der Verantwortung ihre Lasten  auf. Hunderte, die sich mit Fragen der Erkenntnis auseinandergesetzt hatten, hatten nun keine Zeit mehr, sich tiefer in die Philosophie einzudenken. Womit sie sich abspeisen lassen mußten? Wohl auch mit der fröhlichen Philophantastik aus KA.
Heute: "Peter Sloterdijk steht tagtäglich Sinn und Zweck des tagtäglichen Mitnotierens der Zeit und der Leute vor Augen und erklärt sich in gewohnt ironischer Weise: "Wozu? Wahrscheinlich lebe ich unter dem Auge eines transzendenten Beobachters, der von mir keine besonders hohe Meinung hat. Mein innerer Beobachter ist kein Publizist." Folglich unterscheiden sich seine Notizen von denen der Blogger und netz-öffentlichen Tagebuchschreiber durch analytische Präzision, Wortmächtigkeit, Sprachbewusstsein, Gelehrtheit, Aphorismen, Humor, lyrischen Tonfall …"

Vielen 68ern war er so etwas wie ein Bloch, dem ja auch ein gewaltiger Farbrausch an stimmungsvollen Adjektiven die Aussagen verpoppten. Wir fanden das schön.
Mit der Ernüchterung kamen Hannah Arendt im Politischen und Artur Schopenhauer im Philosophischen. Die 68er, die er –wie wir- beschimpfte, das waren Führungsgestalten, die ihm davon und den Trögen zu liefen. (Wir Looser waren noch zu sehr mit unserer Verwirrung beschäftigt.) Er fand seine Nische im philosophischen Feuilletönen. Und er hatte Sitzfleisch genug, die Kritik an sich vorüberziehen zu lassen. Gemächlich trieb es auf ein Alleinstellungsmerkmal des Sonderseins hin. Heute kauen er und seine Barockzipfel, schon mal am Trump.
Was helfen diese Leute den Menschen?

Aber wir haben unser Leben gelebt, brauchen nicht mehr Lunch - Box noch Mercedes (sieht lächerlich aus). Ich kann in die Straßenbahn steigen, eine Butterbrezel kaufen ohne erkannt zu werden. Meine Notizen aus dem Tag haben schon deshalb mehr Gehalt. Aber auch das ist "eitel"! Das letzte Hemd hat keine Brusttasche für den Kugelschreiber und das Gedächtnis bringt Abenteuer genug für den immer kürzeren, immer unbekannteren Tag. Für das intellektuelle Vergnügen ist der Modefuzzi von der Shopping - Queen "Spaaß" genug, lustiger als die dopsenden Wortgewalten eines Begriffequetschers. Und der Beifall der Gläubigen regt mich nicht mehr auf, wie auch das Publikum einer Volksmusik: wer interessiert sich dafür, ob ich mitklatsche oder pfeife? Es gibt kein intellektuelles Gewissen mehr, dem ich verantwortlich sein müsste.

Wir haben es gelebt und die Nachfolgenden  müssen eigene krumme Wege gehn. In Abwandlung von Osho möchte ich Dir sagen: "Geh Deinen Weg selbst. Sei aufmerksam auch gegenüber den Menschen, dann ist es reicher. Du wirst auch Ärger und sicher auch Leid erfahren. Es ist Dein Leben. Du hast kein anderes. - Und nimm meine Worte nicht wichtiger als Deine Gedanken! "

Für die Menschheit und die Menschen ist es nicht ganz so wichtig, ob so ein Oniriti einen Kratzer mehr an seiner Steinzeithöhle anbringt als das, was im Mittelmeer an Leben untergeht. Da habe auch ich viel versäumt.

Das Toilettenpapier heißt, alle wissen es, Happy End.-

Montag, 15. Juli 2019

Broder witzelt zu Sarrazin

Ein sozusagen liberaler Pegide. Was weiß er von Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität?

Auch hier bestimmt wohl das Seine das Bewusstsein des Freien vom Nietzscheboard. 

Die besonderen Eigenschaften einer jüdischen Rasse, die Sarrazin -betont leise- hinaus posaunt, das störte ihn nicht. Insofern gibt es einen gewissen Unterschied zu Hannah Arendt.

Warum sollte ich seine Ansichten teilen?

Seine Witze, ein gewisser Unterschied zu Karl Kraus lässt sich nicht verleugnen, mag er in der VIP-Lounge einer nationalliberalen Burschenschaft lachen lassen.

Wie sehr sich die Urteilskraft doch manchmal unter den Willen beugt!

Mittwoch, 10. Juli 2019

Chain of fools I Handke

Alte Lust
HANDKE

Ich habe Lust, Handke zu lesen (altserbischer Verdienst in Bosnien), mit lässlichem Vergnügen des Alters. 

Vom Elfenbeinturm ging er ortlos ins Loft, ein Leuchtturm und VIP unter den Whoppern. Gerne fahre ich die wulstigen Satzgebilde des Oberflächentasters nach, um darin nach den Hyaluronfillern von Verehrern zu suchen, Pflege und Nicab in einem.  Es ist nicht streichzart, doch ungesalzen, eher cross und mit einer optisch wirksamen Ziernaht versehen. Ein Alleinstellungsmerkmal im Massenabsatz.

Er hat ordentlich geliefert, beachtliche 600 Seiten. Der Trog kann sich nicht beklagen.  So ein Klumpen erstarrten Teigs vor der Aussicht in die Ewigkeit erweckt,  nie hätte ich es geglaubt, heimatliche Gefühle verlorener Wichtigkeiten.  Wann versinkt auch sein lappiges Erzählen in den Falten des Vergessens,  wann meine ohnmächtigen Versuche zu begreifen?  Man war doch mal feind. Jetzt fallen wir rechts und links ins Pflegebett, während die Führer, Verehrer und Mitstreiter unserer Hoffnungen mit  Einkaufwägen voll heruntergekommener Beachtlichkeiten durch die Fußgängerzonen pöbeln und geprügelt werden.

Der politliterarische Betriebsausflug hat sich aufgelöst. Man ist an Trog oder Lüftungsschacht zurückgekehrt, genießt als Laudatio vorgezogene Trauerreden und Erstaunen des Publikums. Das ist längst auf die andere Eisscholle in der anderen Strömung Richtung Hoffnung hinüber gesprungen.
Gönne ich mir doch die Obstdiebin, einem "weiteren Meilenstein im Werk eines der größten Autoren unserer Zeit" (WDR). Aus dem Nachruf der Egonostase vom Euphrasten der Verehrung. 

Die Obstdiebin im Garten des Unbehausten. Breit aufgestellt die Reklame. Ein Märchen von atonaler Wucht erobert die Gärten und Balkone ausgedörrter Erwartung an das Leben.
*
Die Obstdiebin nimmt den Erdbeerriecher von Srebrenica an der Hand und geht mit ihm hinter dem Dickicht entlang. 

Einmal düstern sie in Quellsümpfen: "... Allein der Krach, das Losknallen, das Rummsen... in dem so ortlosen wie allgegenwärtigen bösen Rumoren, mit dem sie aufgewacht war..."

Dr. Smirc von der Parkbank aus: 

"Ah, wie wird mir ortlos, so heimatlos im Ungefähr. Gedanken fliehn ins Ahnungslose. Ist das die Marke? "

Dr. Warnix, Psychagog und erschöpfter Wortwalker:

" Versteh doch: Sprachlähmung war! Muskellähmung war, ja Schlucklähmung war und Ganzlähmung."

Dr. Smirc so: "Dicht und dichter der Wildwuchs, vermehrt auch das Totgehölz im Durcheinander kreuz und quer,...im Aubezirk das Düster einer Sonnenfinsternis... "

Nach Thomas Bernhard wurde in Regensburg der Stumpfsinn Jahrhunderte lang warm gehalten. Hier macht es die aufgegilbte Schleife, die um ein Barock-Schwartl gewunden wird. Der zum Loft heruntergekommene Elfenbeinturm. Totgehölz im Durcheinander kreuz und quer. 

"Auf dem Weg dahin sind sie an einem aus nichts als Bruchsteinen gefügten Haus aus den Jahrhunderttiefen vorbeigekommen, wo ..., mit einem Einschlupf in der Mauer unter der Treppe ... an etwas erinnert hat. " 

Ich nenne das: sich warm ins Mittelalter pendeln! 

"Wohltat, seltsame oder auch nicht, ...zwischen alten Häusern... zu gehen, auch zwischen Ruinen."

Seltsam oder auch nicht, der Maharishi unter Literaturglatzen sucht
obsthaft und fleischlos  Einschlupf der Wohltat im Unbehausten alter Häuser.  

"Der alte Mann war unvermittelt aufgestanden. fast war er aufgeschnellt, und mit dem Glaspokal voll mit geknackten Haselnüssen... zurück in seinen Altenwohnsitz, ...  mit Aussicht auf das Gleisfeld,.." 

Wo gibt's die Haselnuss als Preisgeld? Jetzt schnell aufgeschnellt!

"wo die zwei Schienenpaare zwischen den Quais einen hellen Metallglanz ausstrahlten, während die sieben bis dreizehn übrigen in einem stumpfen Rostbraun starrten ..., flankiert von Disteln und anderem Wildwuchs.. "

Ein tote Gleisfeld mit unendlich vielen langweiligen Details erwürgte die Vorstellungskraft der Lesenden. Ein Eindruck von Wohlaufgeräumtheit zwischen Broterwerb und Ehrenamt lag über dem Schlaf der kritischen Provinz . Schreib, Primus, schreib!

Dr. Warnix, Psychagog und im Schnarchen braver Buchkritik unerwarteter Nobelpreisträger  macht wieder mal den Krumpler rein: 

"Junger Freund, Du bist doch nur neidisch auf den Erfolg! Andere Saisonknaller schreiben doch auch in Pixeln. Es ist Erfolg. Und wer ihn hat, muss sich die anderen Sorgen machen. Sag mir doch mal, was Dich an ihm ärgert!"

Er vermutet einen tief sitzenden Neid dem ungehörten Ortlosen gegenüber, dem ungeliebten und umso tapferer strebenden Braven. 

Smirc lässt nicht ab von seinem Eifer: 

"...Auf dem Weiterweg nordwärts. Der Vorabend, der im August, bei einem blauen Himmel fast ohne Wolken, zu währen scheint wie in einem anderen, weil höheren Norden, war warm, und unten im Viosnetal, zwischen den letzten Häusern von Chats, den da und dort ohne Lücke aneinandergebauten, geradezu windlos heiß."

Kein Lufzug erbarmt sich. Was ist nur los in ortloser Windlosigkeit?"  
Ein Berg von Pickeln stülpt sich über ein Bündel welker Impressionen. 

Dr. Warnix, Psychagog und Ziegenversteher, war heute in der Kirche. 

"Geh aus mein Herz und suche Freud". Der Versuch, aus einem Ausbruch der Freude eine Litanei zu machen, setzt sich in jeder Gemeinde durch, sobald die Zahl der Gläubigen unter die der Frömmler sinkt. Im literarischen Kult wird aus Texten ein Schnurren Narzissmus, sobald die Sehnsüchtigen der Einsamkeit den Begeisterten einer VIP weichen. Das Unbeseelte und die Angst sind auch hier in der Melange zu hören. Gipsabdrucke der Existenz ohne das Seufzen, Lachen oder Weinen des Lebens.
Und ja Dr. Smirc: "sonderbares Quellgebiet": 

"kein Wasserlauf, der ihnen den Weg quellauf und ins Freie gewiesen hätte. Wenn Wasser, dann stehendes, sporadische kleine Tümpel, die einander ähnelten, oder überhaupt ein jedes Mal wieder dieselben waren, passiert vor kurzem, und dann, so schien es oft und öfter, vor längerem, vor langem."

Ein Wasserlauf quellauf, ein jedes Mal dieselben, so schien es oft und öfter, vor längerem, vor langem. Und überhaupt: lang und länger wird der Weg zur Seite 600. 

Das schien nun doch auch dem Freund Dr. Warnix, Psychagog und Richtigsteller, zu sehr quellauf. Vorerst schürzte er die Lippen. 

Smirc, nicht mehr zu bremsen: " Zu guter Letzt .... Blitze und Donner: halb so dramatisch, inzwischen verloschen und verstummt in dem sich verstärkenden Regenfall."

Halb so dramatisch. Erlischt und verstummt da nicht etwas?
Vor lauter Tümpeln ist kein Quell zu sehen. Ich beginne der Verpixelung der Wahrnehmung gegenüber Aversionen zu entwickeln. Im Analogen scheint mir plötzlich Raum für Phantasie zu sein.

Dr. Warnix, Psychagog und fluffiger Elithesaurus, fantasiert, mit dem Schnarchosophen von Karlsruhe einige Bahnen im Fächerbad zu schwimmen. Ein bedauernder Blick auf die Familie mit 3 Kindern, die für zwei Stunden zwanzig Euro hinblättern muss. Der Prof. mit Intellektuellenbonus für Wendigkeit hätte zumindest kein Problem damit, seine Alterswarzen zu zeigen. Dieser hier aber, wer sollte den zu einem Schwimm zumindest in einem stillen Waldsee überreden können? 

Zu Smirc: "Reibe Dich doch nicht an ihm: Da sind zwanzig am Trog, aber nur fünf können davon leben. So schlecht wie sein Gewissen ist, kannst du ihn nicht machen. Seien seine Töne auch noch so grässlich: auch Miraculix hat das Recht zu singen und sich davon zu ernähren, Du musst es ja weder hören, noch kaufen. 

Und was wäre, wenn ein anderer, zum Beispiel Du, da einen Faden der Lebendigkeit aus sich heraus  spinnen müsste? "

Dr. Smirc hört nicht zu: "Ohne irgendwelche Angehörige sah der junge Mensch sich als Auserwählter, als auserwählt unter all den Millionen der in ihre Sippen verstrickten und davon Erstickten. Die Freiheit dagegen von uns Vater- und Mutterlosen, die unvergleichlich freie Luft unter unseren Achselhöhlen, in unsere Schwingen!" 

Diese freie Luft unter Achselhöhlen, das ist doch der Schweißgeruch bestellter Schreibe. Wenn solche Schwingen fächeln... Vater - oder mutterlos, jetzt bist Du alter Knacker und müsstest auch einem Du etwas sagen können! 

"Die Dächer waren es, welche Bild und Gefühl, Bild wie Gefühl, Bild als Gefühl von Nachbarschaft gaben oder einmal gegeben hatten."

"Bild und/wie/als Gefühl" Faulheit der Geschwätzigkeit.  

"In der Folge war es, als fahre die Briefträgerin, auch Sie von Dorf zu Dorf in Spiralen, ihr voran, wie um der Fremden den Weg zu weisen. Immer wieder, indem sie bei einem der Dorfhäuser anhielt, schien es, als warte sie auf die Geherin; als spure sie dieser, ein Wegstück, einen Spiralteil nach dem andern, vor. 

Wozu "einen Spiralteil"? Er will's genauer und begräbt den Wald unter krummen Bäumen. Es gibt ja das Wort vom "die Sau von Dorf zu Dorf zu treiben."

"Den Staat los? Die Zeit, die aktuelle, los? Noch nie waren wir außer Gefahr, auch jetzt nicht. Auf des Messers Schneide leben wir, seit je. Auf des Messers Schneide, und wir selber das Messer. " 
Fehlt ein "Nimm das!"

Es ist doch etwas los im Ortlosen. Der Messer misst des Messers Schneide, einen Gedanken abzuschneiden. Los, den Staat, los die Zeit? Etwas von Heidegger, das in Begriffe blasen, ist auch dabei

Ein Losknallen ins Ort -, Wort-, Wind- und Mutterlose. Lass los, den Staat, lass los die Zeit, leg ab Deiner Mutter Hochzeitskleid! Dann macht er noch die Leinen los. Nur nicht erfolglos hausen!
"Ah, der gestrandete Einbaum, niemand am Ruder, überhaupt ruderlosl ... Das Verlorengeglaubte hatte ich all die Zeit zwischen den Fingern, und indem ich im Suchen die spreizte, ging es erst wirklich verloren."

Ah, Ruderloser, was macht Dein Einbaum, ein erfolglos Spreizen, ortlos gestrandet im Raum.
"... nach kaum drei Tagen die eine, die helle Sommersträhne im dunklen Haar: seltsam. Oder auch nicht? Nein. seltsam. Bleibend seltsam. Ewig seltsam."

Seltsam oder auch nicht. Auch ortlos läßt sich scheinbar leben. Und Ruhm muß schon ordentlich abdecken, wenn man seine Falte gewordene Originalität nur noch unter dem Rauschen eines gurulangen Wortbarts verbergen kann, um sie nicht mit Heidegger entbergen zu müssen.
Eine untergehende literarische Generation hält sich an ragenden Stangen, um feststellen zu müssen, dass es sich, wie lang befürchtet und nie zugegeben, um Stängel, Salzstengel handelt aus Wean.

Dr. Warnix, Psychagog und psalmodierender Resumant, ist indes doch auf Versöhnung: "Wir sind doch auch Teil dieser Eisscholle, Alter. Die Jugend muss wegsehen in einen anderen Horizont, wenn sie aus ihrer Sehnsucht hilfreiche Erinnerung aufbewahren möchte. Sie muss uns aus dem Weg schieben, selbst Glück und Unglück erobern am Ort."  

Das Ortlose scheint ihm auch auf das hinzuweisen, was die Stones schon um ihre 50er herum besangen "I lose my grip". Auch wenn H der Mut fehlt, nun plötzlich von sich zu reden, Voraussetzung wäre wohl Reue zu Srebrenica, dies scheint Dr. Warnix, Psychagog und unverbesserlicher Besserwisser, doch eine des Mitleids werte Begleiterscheinung des Alters, um die auch ein Literat nicht herum könne. 

*

Anmerkung des Verfassers:

Ein vor kurzem besuchtes kritikliterarisches Terzett erinnert mich an Erfahrungen mit Erlauchten von der Schopenhauer - und Jean - Paul- Gesellschaft, aber auch Kunstkreisen oder, damals selbst als VIP in der Probezeit, bei Jusos und SPD.
Innerer Kreis und breites Publikum/ Volk.

Warum ist es dem Experten so schwer, auf die Frage einzugehen, ob er sich in der Diskussion wohl gefühlt habe oder auf den Scherz, welches Sternzeichen wohl der Robot im Roman X des -stark überschätzten- Y habe? Abstand halten. Groß und klein, ein Unterschied muß sein.
Solcher?

Ich habe regelmäßig alle Vereine verlassen, von denen ich Ernsthaftigkeit und "Kommunikation mit den Menschen auf Augenhöhe" erwartete, und von Rollespielern des Kader und anderer Wichtigkeit enttäuscht wurde. Ja, sogar eine Männergruppe war dabei.

Das Team, der Verein, die Gruppe sind keineswegs Orte der Gleichwertigkeit. Sie ist das Ideal.
In der Realität setzte sich - auch bei den Grünen - der Narzißmus im Verein mit der Ideologie des Ziels gegen die Verständigung von der Graswurzel her durch.
Insofern war ich, wie viele andere es waren, immer wieder allein, verlor aber nie mein Vertrauen in die Menschen selbst, Angebetete wie Anbetende. Es gibt die andere, größere Gemeinschaft Mensch, wo und zu der ich mich zugehörig fühle. (Meinen Einsamkeiten lagen andere, tiefere Wunden oder Schmerzen zugrunde.)
Die ehemals nicht nur berühmte, sondern auch richtig bekannte X, die sich jetzt der Clique anschließen muss, des Aufhebens werte Worte von sich zu geben, und zuzusehen wie der alte Hahn um die aufstrebende Katze gockelt. Das alte Spielchen, von dem gelangweilt und erschöpft sie in ein Hotelbett der in letzter Zeit merklich billigeren Klasse fallen wird. Tod, wo ist Dein Stachel?

Nur sich mit dem Volk nicht mischen.
Lieber noch ein Bierchen zischen.
Wie doch das Erlauchte schlaucht,
Wenn der Thomas Bernhard faucht:
Ego muß sich drücken,
Wenn Interessierte näher rücken.
*
Ich habe mit H ein Problem.

Er war ein literarischer Popstar der 68er Zeit. Er hat die Hoffnung auf ein Ideal enttäuscht.
Die Enttäuschung  war absolut nicht seine Schuld, sondern die Folge mangelhafter Hoffnung. Wir hatten einem Klassenprimus die Rolle eines Klassensprechers zugedacht. Er aber suchte den Sitz an der Tafel des VIP.

Mein Problem und das anderer: viele rannten ihm nach.

Als er in Srebrenica Erdbeeren bedichtete und nichts vom Morden, stellte sich die alte Frage vom Wertunterschied zwischen Ethik und Faszination.

Erfolglos versuchte ich,  die Faszination durch Darstellung der Bestandteile des Ruhms- Masche und Leichtgläubigkeit- zu stören. Ich unterschätze das andere Motiv von Faszination: Teilhabe am Glanz für die Braven. 

Der Seniorprimus schreibt noch immer weiter am Abitur eines l'art pour l'art. 
Gibt es eine Esoterik des Nietzscheanismus? Gurus zuhauf. Ist es so etwas wie Wagner? Der Primus auf dem stillen Ort? 
*

Die Gläubigen aus dem Misanthropie-Komplex spüren es plötzlich auch:

"Wenn Handke schreibt: "Sonst hatte mir beim Verlassen des Hauses das Bergaufgehen gutgetan, indem es mich den Boden unter den Füßen spüren ließ und die Knie stärkte", spürt man plötzlich selber das eigene Körpergewicht am Berghang auf den Knien lasten..." (Von Ijoma Mangold 15. November 2017, DIE ZEIT Nr. 47/2017)

Waldenser aus dem Pragelatal sind sie nicht unbedingt. Sie zieht es stark zur hl. Idiosynkrasie. Es hört sich nach einer Art esoterischer Faszination an. Der Elfenbeinturm neigt sich. Die Menge macht Selfies, indem sie in der Geste des Stützens auf den Auslöser drücken.

Goldesel des Verlags, Wortesel der Kritik. Narrative Wischel fallen ihm wie Schuppen von der Literaturglatze, wie Erdbeeren aus der Granate. Der Bürger nennt das "Deko zwirbeln". Der am Ruhm verdienen müssende Kritiker, benebelt vom Weihrauch im Ritus nietzscheanischer Kommunion: "Idiosynkrasie", also Ekel und Abneigung des Guru gegen die Welt voller Geschehen da draußen.

Doch gerne würden sie auch seinen Sturz verfolgen.

Neben dem hl. Handke gibt es in Zeiten der Investition ins Ich unzählige andere Elfenbeiner mit bodentiefer Eitelkeit.  Doch der Priester des Egal ruft an bevorzugter Position seinen Nachruhm an. Wie jeder von Ruhm Befallene versucht auch er, die Ewigkeit aus dem Ich hinaus zu entwickeln. 

Nichts ist der Lohn.
Uns allen.
Mit und ohne Idiosynkrasie.

Und unten knurschpelt ein verbittertes Sarrazin durchs Dickicht. Aber das ist eine andere peinliche Geschichte von 68er Versagen.
*
Nachbrenner:

Wissen ist Macht? Guru ist mächtiger.
Alle Handys aus! 
Etwas spricht ortlos einen Lobgesang. Von was? Er ist doch nicht Pfadfinder, geriert sich doch als Eremit des Egal! Umso mehr der Wunsch der Ortlosen sich da Halt zu holen: in der Menschenverachtung des Ich - Ich. Leibgeber rast panisch davon.

Smirc: "Niemand muß, aber warum soll man auch gerade die Oberfläche weiter abtasten, wo man Berührung sucht?" 

Gott zu Warnix: "Ist der nicht manchmal unerträglich fromm?"

Chain of fools II Sarrazin


Chain of fools II


Sarrazin  oder - Der Ausputzer



Breit aufgestellte schlanke Verwaltung Mainz 2015
Einleitung

Ich gehe unter einem Gerüst durch und denke dabei an den Bericht von einem Mann, der von einem Ziegel erschlagen wurde.

Der Mann, der das Gerüst hier aufgestellt und gesichert hat und nun darauf arbeitet, wird nun ebenso von mir geachtet wie die Frau oder der Mann, die ihm die Auflage gemacht haben und ihn kontrollieren.

Sie sind nicht berühmt.

Einer von der Meinung es gäbe ernst zu nehmende Unterschiede zwischen wichtigen und unwichtigeren Menschen, wird mit rauschendem und auch neidischem Beifall bedacht. Wo ein gewaltiges Wesen um eine verachtende Gesinnung gemacht wird, nehme ich Stellung und ihn auf in die Chain of fools.





Ein Text aus 2008:

Was rot-rot verdächtig macht: einen Sarrazin unkommentiert regieren zu lassen.
Wenn der Senator erzählt:

Pullover-Sarrazin

Weiß der Arme nicht wohin,                          
springt ins Bild der Sarrazin.                            

Wer kein Geld für Heizung hat,                        
soll Pullover sich kaufen,                     
das Übrige kann ein braver Senat                       
mit der lachenden Presse versaufen.                             

Früher hätte ein so kaltes Herz sich in der SPD warm anziehen müssen.
Heute tritt sogar die PDS nicht aus der Koalition aus.
Weshalb man doch keiner Partei mehr ihr Weltbild abnehmen sollte. 


Aus wikipedia:

Im Jahr 2007 genehmigte Sarrazin als Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Verkehrsbetriebe BVG fahrlässig ein riskantes Spekulationsgeschäft, das er nicht vollständig verstand. In der Aufsichtsratssitzung vom 25. April 2007 dauerte die Behandlung des Punktes des Geschäfts,... inklusive Abstimmung nur vier Minuten. ... Sarrazin forderte eine sofortige Abstimmung. Ohne Gegenstimme... wurde das Geschäft genehmigt. Im Jahr 2008 führte es zu einem Verlust von 204 Mio. EUR.

Im Jahr 2008 entgingen dem Land Berlin bei der Verpachtung eines landeseigenen Grundstücks an den Golf- und Landclub Berlin-Wannsee e. V. Mehreinnahmen von drei Millionen Euro, als Sarrazin eigenmächtig auf eine Nachbesserungsklausel bei Verlust der Gemeinnützigkeit verzichtete.

Im Mai 2009 sagte Sarrazin gegenüber dem Magazin Stern zum Umgang Arbeitsloser mit Energie: „‚Hartz-IV‘-Empfänger sind erstens mehr zu Hause; zweitens haben sie es gerne warm, und drittens regulieren viele die Temperatur mit dem Fenster.“ Das Sozialsystem müsse so geändert werden, „dass man nicht durch Kinder seinen Lebensstandard verbessern kann, was heute der Fall ist“. Vielmehr müsse die Politik dafür sorgen, dass nur diejenigen Kinder bekommen, die „damit fertig werden“.

Heftige Reaktionen riefen Sarrazins Äußerungen zur Wirtschafts- und Migrationspolitik Berlins hervor, die im September 2009 in der Kulturzeitschrift Lettre International publiziert worden waren.

Die Stadt sei belastet von zwei Komponenten: „der 68er-Tradition und dem Westberliner Schlampfaktor“. Berlin sei in seinen politischen Strömungen „nicht elitär aufgestellt, sondern in seiner Gesinnung eher plebejisch und kleinbürgerlich.“.



Spiegel online 29.7.08:

Sarrazin spricht aus Erfahrung: "Bei uns waren es zu Hause immer 16 Grad. Am Morgen hat mein Vater die Koksheizung befeuert und sie erst am Abend, wenn er von der Arbeit zurückkam, wieder angemacht. Das hielt dann immer gerade für 16 Grad. Ich habe es überlebt."

Damals ist das Mitgefühl unter den Egoismus geraten: Die anderen sind schuld.

*
Das Bild

Ich habe mir keine seiner im Nachgang zum Ruhm durch Pegida produzierten Rechtfertigungen angetan. Politisches Gespräch bedarf zuerst einer achtsamen Haltung gegenüber den Menschen. Wer mir zuflüstert, einbläst, über den Marktplatz hin zuschreit, es gäbe wertvolle und weniger wertvolle Menschen, Personen, Bürger, lebt in einer mir fremden Welt. Wozu sollte ich aus seinen Bemerkungen all das herausklauben, was sich mit einem Würde und Wert achtenden Gespräch vereinen ließe? Und: ist es denn ein Gespräch? Oder nicht vielmehr ein Monolog für den Stammtisch prominent gedachter "Elite"?

Nein, ich beschließe, zuerst einmal das Bild zu betrachten, das seine Handlungen in Spiegel und Stern der Zeit hinterlassen hat.

Es scheint eine düstere und 16 Grad kalte Wohnung gewesen zu sein, wo das Kind des Doktors ("Wein in der Therapie des 19.Jahrhunderts") und der Gutsbesitzerstochter aufwuchs. Was die Arbeiterkinder in Recklinghausen wohl von dem Sohn des Flüchtlings mit besserer Zukunft in der Vergangenheit dachten?

Deren Eltern, waren sie wohl "länger zu Hause", waren sie länger unten auf der Straße? Wer "regulierte da die Wärme mit dem Fenster", wenn er das Geld für Koks nicht hatte? Ob Oma auch ordentlich Pullover strickte, mit Wolle  aus dem Waldorfkindergarten?

Wer weiß, woher der Zug der Gehässigkeit kam? Er ist da.

*

Waden beißen kann eine ehrenwerte Tätigkeit erleichtern. Der deutsche Schäferhund, der die Herde auf gutem Kurs hält: Welcher Hirte hätte so einen nicht gerne? Als man das Wort über mich sagte, war ich -politischer- Rechnungsprüfer und kritisierte problematisches Handeln. 

Aber wenn das Kurs halten dem bloßen Bellen und Beißen weicht, ja, wenn der Wadenbeißer auf alles losgeht, was sich überhaupt bewegt, dann ruft Shakespeare: "Thersites!". Und es ist Zeit, sich Haltung und Handeln näher anzuschauen.

Treuhand. Die Bedienung von Glücksrittern mit staatlichem Vermögen. Er war dabei.
Spekulationsgeschäft BVG. Er hats riskiert.
Geschenk an den Golfclub, nicht ohne ihn.

Ein abgefundener, peinlich erfolgloser Ehrgeiz, wendet sich -wie manch anderer- gegen den "Gleichheitswahn", aus dessen Partei er partout nicht hinaus will. Er reitet sich in seiner Gehässigkeit gegen die armen Leute und - als der Gegenwind zu stark wird - gegen die Ausländer immer näher an den Haß der Feinde der Republik heran, die in der Gefolgschaft einer neuen Diktatur ihre Rettung erblicken.

Der Geiz-ist-geil-Pegide von der besseren Versorgung hat aber ausgedient, wenn er nicht den Sprung in den herauf kommenden Faschismus schafft, wo die Elite über die Plebejer herrscht und nur eines wichtig ist: Zugehörigkeit zum VIP, Vererblichkeit des Privilegs. Und wo nur eines verhindert werden muß: Änderung.

Gerne hätte er auch Ruhm unter klugen Leuten gehabt. Das Buch von Tugendterror drängt sich als verschrobene Hass-Liebeserklärung jedem scharfen Robespierre vom Stammtisch auf. Hatte der nicht auch etwas von calvinistischer Selbsterwählung?

Warum nicht Ruhm auch bei klugen Leuten? Ein anderer, der auch ein paar Millionen in den Sand setzte, war zu Zeiten des Untergangs der römischen Republik gern gehörter Redner. Nur: Caesar hatte wirklich geschickte Reden drauf und vor allem die Zustimmung mächtigeren Ehrgeizes hinter sich. Da war aber auch ein Cato, ihm Paroli zu bieten.

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All das, was ich da nicht sehe:
Einen guten Hirten,
Einen guten Freund,
Friedlichkeit, Freundlichkeit, Barmherzigkeit, Urteilskraft.

Ich komme an den Punkt, an dem ich mich entscheiden  muß, ob ich mich tiefer in seine Bosheiten begebe oder ohne Kommentar zum Schluss komme.

Von Gleichheit und Führerschaft

Eins scheint nötig: auf den Begriff des "Gleichheitswahns" einzugehen, der ihm doch so gut gefällt. Er wendet ihn überall an, wo es um Annäherung an Gleichheit, also Gerechtigkeit, geht.

Als die SPD sich nur mehr als ein esoterischer Kreis herrschender Funktionäre verstand und sich von den Armen abwendete, über deren Nähe sie sich in den Aufsichtsräten genierte, kehrte sie die der Menschenwürde verpflichtete Sozialhilfe um in ein Recht auf Wohltat durch Gehorsam: dem Rechtsanspruch auf Hilfe in der Not wurde die Bedingung der Erfüllung einer vom Amt zu setzenden Gegenleistung vorgeschoben. Der Ausgleich von Not wurde in den Begriff der Förderung umgedeutet, als etwas, das von einem an den anderen gegeben, nicht als etwas, das aus einem allgemeinen Vermögen bestimmungsgemäß verwendet wir. Aus dem in Not geratenen Nachbarn war auf einen Schlag ein Angehöriger der neu bezeichneten Klasse des Prekariats geworden. Der Funktionär hatte sich aus seinem Bekenntnis gelöst.

Hartz IV. Die Bürger haben den Verrat erkannt und sich in der Folge von ihrer Hoffnung auf die Partei der Gleichheit gelöst. Im Fördern und Fordern, das in einer langen Zeit der Übung von "Sparen bis es quietscht" zum Fordern statt Fördern wurde, zeigte sich die Haltung, die Gleichheit als Wahn wahrnimmt und Gerechtigkeit nach dem jeweiligen Aktienstand betreibt.
Mit einigem Recht wehrt sich der Genießer solcher Vorstellung gegen den Hinauswurf aus einem Club, dessen Krawatten er hoch gehalten hat, um sie vor Flecken der Sorge zu schützen. 
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Die Säule Gleichheit bildet mit der Freiheit und der brüderlichen Sorge das Fundament dieser Republik.

Wer eine dieser Grundwerte des Bekenntnisses zur Würde, also zur Wertachtung, des Menschen, verächtlich macht, hat keinen Anspruch darauf, von Bürgern in seinen Plänen ernst genommen, auch nur gehört zu werden.

Hier zog einer den Not Leidenden "die Maske" des Heiligen von Gesicht, um dahinter unser aller Egoismus zu verspotten. Ja, litt dieser Mensch nicht unter Not? Und wie war es mit dem Arbeitslosen, dem einer Sekt über den Kopf kippte? Wie war es mit dem anderen, dem ein privilegierter Sozialdemokrat erklärte, er solle sich erst mal rasieren, wenn er einen Job wolle.  Der Blickwinkel des Unbarmherzigen macht den Unterschied zur Zeit vor Hartz.

Man gehe nicht auf die "Notwendigkeiten" ein, die dem Funktionär ein Mitmachen diktierten! Ich will wissen: Warum hast Du das unterstützt!

Ich habe in ein Werk von 400 oder 600 Seiten Gehässigkeit geblickt und hoffe, dass nichts davon an hängen geblieben ist.

Als die Gehässigkeit gegen die Armen Folgen zeigte, wendete Sarrazin sie nicht ohne finanziellem Erfolg gegen Flüchtlinge und Muslime. Schimpft er nicht gegen Ausländer? Jedenfalls schimpft er auf die Bürger, die nicht auf Ausländer schimpfen. Er meint "Man hörte förmlich das kollektive Zähneknirschen der vereinigten Medienklasse." Ich finde solchen Stolz beschämend.

Was wird sein?

Wenn sie in hundert Jahren in einem Sachsen- oder Bayerntal das verwitterte Schild eines "Thilo- Sarrazin -Wegs" lesen werden, werden sie sich -wie wir heute uns über ähnliche Wichtigkeitsanzeiger- fragen: Wer war wohl diese Type, die solchen Hype verdient? Der Fremdenführer wird dem nach sarrazinisch bravem Ideal geklonten deutschen Publikum oder dem natürlichen städtischen Mix erklären, was das wohl für eine verbitterte Sorte Mensch zu Zeiten des Fakers war.

Man wird leben und froh des Lebens sein und den Tod fürchten. Und man wird lieben und irgendwie doch den Anstand von der Menschenwürde mit sich tragen.

Voraussetzung: Der Gehässigkeit gelingt nicht, den Haß gegen ein nachbarschaftliches Leben in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit am Kochen zu halten.




Nachbemerkung:

Es gibt das Bekenntnis zu einer von frei und gleich Geborenen in gegenseitiger Sorge gestalteten Form politischen Lebens, der Republik.

Es gibt aber auch das andere Projekt einer in bevorrechtigte "Eliten" und in zu Führende geteilten Gesellschaft. Sich zu ihr zu bekennen, ist mit negativen Reaktionen von Seiten der als Verlierer belächelten Verlierer bedroht. Gern wird hier daher nicht ein problematisches Bekenntnis abgegeben, sondern allerlei passende Wirklichkeit verkündet.

Damals fielen zuerst die Intellektuellen um, besonders die, die sich dafür hielten.

Es bleibt eine Sache der Haltung: Was unterstützt Du?

Oder:

Which side are you on?

laudate dominum                                                                                   Klaus Wachowski 10.7.2019