Dienstag, 23. April 2019

Ukraine vor dem Überfall

Ukraine Gedanken 2019 nach der Wahl von Zelenski 

das erinnert mich an den ersten Landratswechsel in meinem Landkreis.


Überall in der Verwaltung lauerten die Kriecher, die in Zeiten der Toleranz an ordentlichen Arbeitern vorbei nach oben gelangt waren. Was für ein erregtes Aufseufzen, als der Papa Gnädig "endlich" durch einen preußischen Zuchtmeister abgelöst wurde.

Man konnte wieder unbeschränkt "richtige" Verwaltung des Gehorsams und der Freundschaft machen. Ohne langes Abwägen hin und her - vollstrecken.

Ja, der Beamte, auch die Beamtin wurde vom Verwalter, von der Verwalterin des Rechtes zum Vollzugsbeamten, zur Vollzugsbeamtin.
Die Entwicklung vom Vollzug des Gesetzes zum Vollzug des Willens ließ nicht lange auf sich warten.

Die Beamten im Jeanslook aus dem 19. Jahrhundert wandelten sich zu Funktionären oder, was nichts anderes ist, zu Managern von Geschäftsvorstellungen.

Die Republik kehrte wieder in den Schoß des Gehorsams zurück.

Die Enkel fechtens besser aus...

Nachtrag 12 2022 Zelenski erschien mir damals als autoritärer Orban. Das Beispiel der "witzigen" Unterstützer aus den "5 Sternen" für den Neofaschismus schien deutlich. In der Entwicklung bei der Verteidigung der Freiheit gegen den Überfall des romantischen Imperialisten aus Leningrad scheint mir Zelenski nun in einem besseren Licht. Vielleicht kommt die Republik aus dieser schrecklichen Erfahrung gerade stärker hervor. 

Sonntag, 21. April 2019

Notizen zu Ostern

Marc Aurel - ein Kaiser, der denken kann. Die meisten neigten doch eher dem Trump zu, waren sie auch mit mehr Vernunft als er begabt.

*

Dass Sein nicht sein kann

Im Netz der Beweis der Uni Mainz, dass Existenz nicht sein kann.

Der Wissenschaftler staunt. Philosophen und Gläubige raten: "versuche doch mal eine andere Fragestellung! " Der Abergläubische fällt wieder einmal erleuchtet auf die Knie.
Der Gläubige: "Gott mag irren, aber er ist in dem Menschen, der den Versuch macht."

Der Abergläubische zeigt ihm den Vogel und wirft sich noch eins ein.

Auferstehung

Ist Deine Angst vor dem Nicht-mehr-sein den so groß wie die Gier der Zaubergläubigen nach der Unsterblichkeit?

Was glaubst Du denn?

Du machst ja Bildnisse und Gleichnisse!

Sieh die Welt an: das Wunder ist: leben dürfen. Nicht: erneut oder nach dem Tod weiter leben (müssen - ergänzt der Buddhist). Du machst Dir Bilder des Kults.

Du wirst zurückkehren, woher Du kamst. Du kommst nicht aus Nichts, Du gehst nicht in Nichts.

Aber dieses Individuum - und das ist Wunder - ist zuvor nicht gewesen, noch wird es später sein, was auch immer mit den aufgelösten Teilen und Kräften geschieht. Nicht Staub zu Staub, aber Sternenstaub zu Sternenstaub. Ist es nicht Wunder genug?

Du bist nicht Gott, aber er,sie,es ist Teil von Dir.

Lass das Sein doch einfach Sein sein. Mehr als ein Grund zur Dankbarkeit!

X und Y sind weg. Man stöhnt noch und spürt schon neue Sehnsucht.

Auch hier: Wiedergeburt? Was willst Du in einer anderen Existenz wieder geboren werden? Am schönsten ist mir die Vorstellung der Indianer von der Rückkehr des Wassertropfens ins Meer. Mit und ohne Klimakatastrophe. Was da aus all dem Aufgelösten werden soll?

Laß das Sein Sein sein!


Freitag, 12. April 2019

Männlich mit Chomsky, Fug in Konstanz

Ein Linguist erzürnt sich

"Sprachen wandeln sich immer – aber nie in Richtung Unfug.

Hat der Mensch das Schultergelenk erfunden? Natürlich nicht. Und genauso wenig wie sein Knochengestell hat er sich die Grammatik seiner Sprachen ausgedacht. Verfechter der gendergerechten Sprache, die heute ins System eingreifen, begehen aus linguistischer Sicht ein paar fundamentale Denkfehler."

Josef Bayer am 10. 4. in der NZZ

Aber was schimpft hier denn des Lebens Ernst? Ist die Sprache nicht gemacht, sondern geworden, was soll ihr dann geschehen?

"Lange war die Linguistik ein in der Öffentlichkeit wenig beachtetes Fach. Ihre Themen und Inhalte waren den meisten Menschen reichlich egal ", was schon Schopenhauer ausdrücklich nicht bedauerte:

"Wohl aber kann das Wortgebilde, bei gleichem Gedanken und gleicher Form desselben, ein verschiedenes sein; denn es ist bloß die äußere Einkleidung des Gedankens, der hingegen von seiner Form unzertrennlich ist. Also erläutert die Grammatik nur die Einkleidung der Denkformen." (Arthur Schopenhauer, Welt als Wille und Vorstellung) Was der Linguistik den Wert zuerkennt: den meisten mit Recht egal zu sein.

Die Linguistik spricht nun "vom Irrweg der vermeintlich gendergerechten Sprache", der an dieser Uni vom «Referat für Gleichstellung» beschritten werde. Sie führt einige unbedenkliche Formulierungen an, die eine, ihrer Auffassung nach weniger passende Einkleidung der ausgesprochenen Gedanken darstellen. Dann verkündet sie den Glaubenssatz: "Das Fragepronomen «wer» ist nämlich irreversibel maskulin Singular." - Der Wer und die Wie? Irgendwie wirreversibel.

Woher solcher Glaube wohl kommt? Aus einem abgebrochenen x-Chromosom oder aus der Furcht um ein Erziehungsprivileg?

Man, nicht etwa frau, erkennt im Wer, wie wohl auch in Gott, nun einmal Singular männlich. Das sei "eine linguistische Tatsache, an der nichts und niemand vorbeikommt." Aber niemand ist ja wohl auch wieder männlich, sodass jeder jemandin dieser Weg wohl offen steht.

"«Wer hat im Bad seinen Lippenstift vergessen?» fragt mit hoher Wahrscheinlichkeit nach jemandem aus einer Gruppe von Frauen. «Wer hat im Bad ihren Lippenstift vergessen?» bedeutet etwas völlig anderes, nämlich dass der Lippenstift einer explizit anderen Person gehört als derjenigen, nach der gefragt wird."
Nun ja: warum dann nicht "wer hat  d e n  Lippenstift vergessen?" Es könnte ja auch ein Linguist gewesen sein, der seinen oder ihren Lippenstift im falschen WC vergessen hat, das wieder nicht falsch, sondern nur nicht für Männer seines Geschlechtes vorgesehen ist und das er deshalb lieber als Bad bezeichnet. Bezüglich Lippenstiftin bin ich aber wiederum ganz auf seiner, nicht auf ihrer Seite, also der Seite jener...

Schlaglichtartig verweise sein wer-Problem auf ein gravierendes Missverständnis. Das sei "die Verwechslung von Form und Inhalt. Jeder sollte sich dessen bewusst sein, dass Substantive wie «Garten», «Regen», «Nebel», «Steinbruch», «Siegeszug» usw. zwar formal maskulin sind, aber inhaltlich nichts Männliches bezeichnen."
Das "wer" schon, der Siegeszug nicht? Die Verbitterung wendet sich hier gegen das männlich notierte selbst. Meine Damen und Herr*innen, ruft da ein Überhörter?

"Dass beim grammatischen Geschlecht die maskuline Form dominiert, ist eine Eigengesetzlichkeit der Sprache, die mit Männern, Frauen, Herrschaft und Dominanz nichts zu tun hat."

Wie? Eigengesetzlichkeit der Sprache? Herrschafts Zeiten, drückt sich etwa das Brave in ihr aus? Oder ist Sprache gar ganz unabhängig vom Willen und Wollen?

"«Student» und «Studenten» bedeuten keine Festlegung auf das natürliche Geschlecht und somit auf männliche Wesen. Diese Substantive sind «unmarkierte» Formen." Ob der sein Revier markierende Struppie auch so denkt? Nicht markierende Studentinnen offensichtlich nicht. Nicht gerade ein Siegeszug.

"Es gibt demnach, folgt man der unbestrittenen linguistischen Argumentation von Roman Jakobson, keinen Grund, das gute alte Studentenwerk in ein Studierendenwerk umzutaufen."

Das, so kommt es mir vor, bestreiten einige! Ein Grund könnte etwa der Versuch sein, linguistischen Erkenntnissen geänderte hinzuzufügen, um dem Anspruch auf Zurückdrängung priviligierter Benennung gerecht zu werden. Dem "guten alten" Studentenwerk würde im gerechter um-benannten Studierendenwerk nichts an Richtigkeit abgehen, wo ein Richtiges durch ein ebenso richtig Anderes abgelöst würde.

"Das Studentenwerk ist bekanntlich für alle Personen da, die an einer Universität eingeschrieben sind." - Und das gälte gleich für das Studierendenwerk.-

"Ein sogenanntes «Fugenmorphem» ... wird eingeschoben, weil «Studentwerk» nicht möglich ist und schlicht und ergreifend ungut und kakofonisch klingt."
Und so wird man oder frau sich eines Tages fragen, was denn nicht ungut am Studentenwerk gewesen sei, wo es doch auch für - nicht nur männliche- Studentinnen habe wirken sollen.

"Die Belege sind erdrückend. Und da kommen jetzt auf einmal missionarisch getriebene Sprachklempnerinnen daher und wollen uns erzählen, .... Man kann sich über so viel Ignoranz nur an den Kopf fassen. Dass diese Ignoranz ausgerechnet in den Universitäten zu Hause ist, ...ist eine beachtliche bildungspolitische und kulturelle Schande."

Eine beachtliche Schande? Klingt irgendwie ungut. Hätte eine Schande nicht bereits ohne Beachtlichkeit beachtlich genügt?"
Sprachklempnerinnen im Männerberuf? Das kommt wohl aus dem Amerikanischen, wo Psychologen gerne als Gehirnklempner bezeichnet werden. Volles Rohr biegt nun der linguistische Einheimische gegen die in einem Männerrevier klempnernden Missionarinnen wieder gerade.

"Wenn sich Sprachen wandeln – kann der Mensch diesen Wandel denn nicht auch beeinflussen? Sicher: Die Menschen können neue Begriffe für neue Dinge einführen und neue Namen für alte Dinge ersinnen, aber sie konnten nie die Grammatik oder ihr phonologisches System erfinden. Das wäre etwa so absurd, wie zu sagen, dass der Mensch das Schultergelenk oder den Haarwuchs erfunden habe."

Also dann doch: Alles Gut! Das Studierendenwerk ersetzt den Namen eines alten Dings, man kommt sicher auch als frau zurecht. Schreiben wir also mal so und sehen zu, was sich wegen oder trotz linguistischer oder feministischer Gestaltungs- oder Erhaltungswünsche durchsetzt.

"Hier kracht es ordentlich im Gebälk der Gender-Baracke." Ein schlagendes Argument eines Mannes aus dem Ruhestand gegen das mehr klagende der Frauenpolitik.

"Die Gendersprache folgt einem kruden Funktionalismus, ...Die einzige wissenschaftlich haltbare Theorie ist diejenige von Noam Chomsky, die lautet, dass Sprache ein Teil der biologischen Welt ist und sich somit im Rahmen der Evolution herausgebildet hat."

Somit? In der Evolution werden auch Bagger ausgebildet, die der Frau erlauben, bezüglich Kraftumsetzung mit Männern zu konkurrieren. Es werden Wünsche nach Gerechtigkeit herausgebildet, die Frauen an Universitäten, ja an deren Spitze gebracht haben und weit mehr Ärger bereiten als Umbenennungen von frau oder man.

Und so hat die Evolution neben der Atombombe und der Wissenschaft Linguistik wohl auch die Idee einer gendergerechten Sprache hervorgebracht. Da sind die englischen friends scheinbar schon länger etwas weiter als die deutschen Freunde und. Freundinnen der Sprache.
*
Ich halte es als Dichter mit dem Wort. Vielleicht ist mir deshalb die Sprache weniger eine Sache des Rechthabens oder der Reinheit (Elefanten waschen) als eine von Form, Färbung und Gedanke.

Der Streit erinnert mich an Zeiten, in denen ich selbst puristisch erregt war. Hier scheinen mir Ideologen auf Ideologinnen zu stoßen. Ein muskulöser Sprachkörper der Reinheit wehrt sich gegen das Bild kontrollierter Funktion. Die Sprache wird Sprache bleiben und die Menschen werden zu reden und zu schreiben versuchen, wie es am besten gefällt.

Und der Frühling kommt und lässt die Preise schnalzen.

Ist doch auch schön.

Klaus Wachowski 12.4.19