Ja, was ist Faschismus?
Ich glaube, dass etwas
Unterscheidung zu anderen Formen der ideologischen Gewaltherrschaft Not tut,
nachdem gerade unsere Zeit nicht angemessen und so oft erfolglos auf Faschismus
reagierte, weil ihr Größe, Umfang und Bewegungsrichtung dieser Ideologie unklar
war.
1968 war plötzlich jedes autoritäre
Handeln Faschismus wie auch jede Grausamkeit. So wurden die vernichtenden
Systeme des Nationalsozialismus und des Stalinismus mit den dagegen klarer
umrissenen Gewaltherrschaften des Mussolini und Franco verglichen und -
verharmlost, während die übliche autoritäre Diktatur wie die Putins, die ihren
Weg noch nicht gefunden hat und ohne System zutritt, bei Weitem nicht den
Apparat an gewalttätigen Schlägerorganen mit Adelsaspirationen hinter sich hat
wie etwa türkische, griechische oder die argentinischen Obristen.
Der nicht allzu komplexen
Beschaffenheit des menschlichen Denkens entsprechend unterteilt auch der
Faschist seine Idealgesellschaft in drei Schichten: Elite, Dienstleistung und
Sklaven. Dieser Aufbau findet sich in allen seither und vermutlich auch künftig
existierenden Gesellschaften.
Nur: dort versuchen der einzelne
Egoist oder Wohlgesonnene und der soziale oder Freiheitskämpfer die
Platzverteilung zu seinen Gunsten oder zu denen der Gerechtigkeit mit
Argumenten, List und Gewalt zu ändern. Und das wird in anderen als
faschistischen Gesellschaften auch geduldet oder zumindest nicht rechtmäßig
verfolgt.
Selbst die Diktatur hat hier ein
dickeres Fell: wer auch immer oben oder unten sein will, er bleibe dem Assad
schön gefügig. Eine Störung der gesellschaftlichen Gewichtigkeiten stört sie
nicht.
In der faschistischen Gesellschaft
mit dem betonierten Weltbild der Schichtengesellschaft ist der Versuch einer
Änderung der Ein- und Anordnungen verwehrt, strafbar, sanktioniert. Diskussion
findet, wenn überhaupt, zu anderen Themen und erlaubt nur im oberen Stockwerk statt.
Bekämpfst Du den Faschismus durch
Attentate auf obere Köpfe, wirst Du scheitern, denn hier sind sie - anders als
in der Diktatur - auswechselbar durch
andere Überzeugte durchaus auch aus unteren Geschossen der Gesellschaft. Hier
hilft nur Entmachtung durch Zusammenschluss der Einzelnen, durch Entfernung des
Propagandaschleiers, durch Befreiung mittels Denken.
Der Faschist gewinnt seine Macht
weniger durch Terror - wie schnell erlahmen die bewaffneten Arme ohne
Zustimmung -, sondern durch die ihm zustimmende Angst vor Veränderung. Seine
Anhängerschaft rekrutiert sich daher eher aus Angehörigen von Schutz- und
Ordnungsorganen, die einer gewissen Ängstlichkeit oder Herrschsucht Platz
bereiten, und aus Verlierern des Wettbewerbs als aus denen, die nichts zu
verlieren und von einer Neuordnung nichts zu erwarten haben.
Diese fallen eher auf Ideologien der
Vernichtung statt solchen der Unterdrückung herein.
28.10.15