Mittwoch, 25. Mai 2022

Wo bitte nach links? Fragt Publik-Forum

Man weiß ja gar nicht mehr, was links ist. Ein essay in der Publik-Forum.

Es hängt wohl damit zusammen, dass man nicht mehr weiß, was recht und billig ist. Vor allem aber damit,  dass man nach mehr als 200 Jahren sich immer noch nicht richtig erinnert, was Republik ist, immer noch von "Demokratie" redet, einem Verfahren der Willensermittlung, statt von  der Verhaltensmaxime Republik. Man ist zu sehr mit Aktion, zu wenig mit Reflexion befasst. Und deshalb fällt man so gern auf Ideologen und Demagogen herein.

Sehr ärgerlich. Aber auch ich brauchte Jahrzehnte zur Klärung der Begrifflichkeiten.

Anstand, Menschlichkeit, Barmherzigkeit sind politisch nicht interessante, ja lästige und belächelte Begriffe. Zum Glück: auch eine Moraldiktatur wie im schwedischen Gemeindehaus ist nicht besonders attraktiv. Aber was wäre politisches Handeln ohne das Korrektiv Anstand?

WÜRDE.

Die Würde der Person, der anderen Person, steht im Mittelpunkt der Republik: von ihr geht das Recht aus, Politik, das auf dem Forum ausgehandelte Handeln.

Dagegen das Ich-Ich, eben Ich - zuerst und, mit Augenzwinkern, Wir-zuerst. Nicht nur Rechts, auch Links und in der sich zentral fühlenden Mitte. Der Kapitalismus und Imperialismus als politische Gesellschaft einander in Schach haltender Ego-Wölfe, der Marxismus, der die Gesellschaft als Überlebenskampf der Egoistenkräfte Kapital und Proletariat interpretiert, Faschismus, Idenditarism und Nationalismus als Herrschaftsprojekte von Clique und Stamm: ihnen allen sind Republik, also der Ausgang der Macht aus den verhandelten Ansprüchen der Personen suspekt, kleinbürgerlich, hinderlich, feindlich. Sie alle lösen einen Aspekt aus der Dreieinigkeit des Ausgangs der Menschen aus ihrer selbstverschuldeten Unfreiheit heraus, erklären jeweils Freiheit,Gleichheit oder Brüderlichkeit als den privilegierten Wert, der ihr Wir-zuerst begründet, verachten die jeweils anderen Werte.

Der Anspruch von Menschen auf Zugehörigkeit und gleichberechtigte Teilhabe gehört nicht erst einer Wagenknecht nicht zum zulässigen Interesse im "Wir" der Arbeiterklasse. Man lese die Sprüche über Lumpenproletariat und das beredte Schweigen Marx' zu Fragen der Gleichberechtigung. Auch die Arbeiterklasse schloss Kritik aus. Die Diktatur des Proletariats etwa in Stalins Faschismus diskriminierte Bürgerkinder bei der Berufswahl und verachtete Kunstfreiheit und Religion den bürgerlichen "Überbau"  nicht weniger als die Nazis. Und wo hätte sich ein Sozialist vor 68 für die Rettung der Umwelt eingesetzt.

Das Wir hat genau betrachtet nichts für die Würde der Person übrig. So können sich Linke und Rechte durchaus auf Diktatur einigen - wo nicht die persönliche Moral dem politisch nützlichen eine ärgerliche Grenze setzt.

Zum politisch "guten", der Republik treuen, Verhalten ist Anstand, Wertachtung der anderen Person, eben Beachtung der Würde Voraussetzung. Und das ganz unabhängig davon, in welcher Klasse, in welcher Region und Lage Du Dich befindest. Womit wir bei der Nächstenliebe und also Forderungen der Religion wären.

SAMARITER

Dem galt nicht Ich, nicht Klassen- noch nationale Zugehörigkeit, noch weltanschauliche Rücksicht - zuerst. Der sah im Menschen die Person. Frage: Wer hätte im fremden Land wohl ihm geholfen?! Wer von welcher "Identität" des hätte Bürger*innen, die ihm aus Nöten geholfen hätten, nicht eines "klügeren", klassenbewussteren, heimatbewussteren Wir belehrt?

Anstand, Moral, Menschlichkeit sind keine politischen Größen (da lacht schon Marx). Gerade deshalb sind sie nicht nur im "Seniorenzentrum" sondern auch bei jeder politischen Akteur*in besonders nötig. Das sagt meiner Meinung nach nicht nur "der Schwarm" lt. Stoa, sondern auch Gott lt. ziemlich allen Religionen. Schwer genug ist es. Man, Frau muss sich da nicht auch noch belehren lassen.

Mein und Dein nicht unterscheiden können. Das war ein Vorwurf gegen links in älterer Zeit. Gleichheit ist der Wert, dem links sich mit moralischen Recht verschreibt. So lange es sich dabei anständig verhält, die Würde der Person, auch die Ansprüche auf Freiheit und Zugehörigkeit beachtet, ist das für mich okay.

Dialektik?Utopie? Geschenkt. Das ist doch kleinbürgerliche Eurythmie von erleuchtet gebliebenen Marxisten, die auch mal mit Impfgegnern marschieren.

Zum Artikel "Wo bitte geht's nach links" in Publik-Forum 9 22 von Constantin Wißmann. 

Freitag, 20. Mai 2022

Samstag, 14. Mai 2022

Nietzsche als Wagner

Nietzsche, der Fall Wagner.

Auf dem Buchumschlag ein Quadratschädel wie Stalin oder Pegide N vom Stammtisch.

Ich weiß nicht, warum man diesen Moral-Pöbler und Unmoralprotz (Karl Kraus), unbedingt als Philosoph bezeichnet. Weil man einst Genie und Philosoph gleich setzte? Im Fall Wagner sieht man, wie sehr N bei allem Schimpfen der wagnerianisch-musikalischen Verblödung erlag.

Groß, groß, dick, dick. Teil der "aufsteigenden Lebenslinie". Wedeln nach Herrschaft, Unbarmherzigkeit, Unmenschlichkeit. Der Übermensch zeigt seinen Stiernacken.

Natürlich wendet er sich gegen den letzten klar denkenden Erkenntnisphilosophen. (Und was sonst als Erkenntnisphilosophie ist Philosophie?). Auf dem Gebiet, auf dem jede Philosophie ins Straucheln kommt, Moral. Wo eben nicht mehr Interesse sucht, sondern Wille.

Was weiter weiß das Sexophon von Liebe, mit der er gegen den verhassten Schopenhauer vom Leder zog, der allerdings zugab, nichts von Liebe zu verstehen? Nichts, eben Nihil-ismus. Lou wusste besser Bescheid.

Groß, groß, dick, dick. Und die musikalischen Köpfe unter den Intellektuellen jagen ihm nach.

Die ganze "Philosophie", das nach Herrschaft Streben des N scheint mir nichts als Wut gegen die Beachteten und der Hass ausgeschlagener Liebe. Ein schnaubender Macchiavelli, nicht Sokrates noch Petrarca.

Ich ziehe mir auch die eine oder andere Melodie rein. Das Malerische und das Musikalische haben immer Recht (KarlKraus), 
so auch das Wortmalerische. Kunst&Poesie ist gutes Dope. 

Aber zum Denken braucht es kritischen nüchternen Verstand, eben Vernunft.

Ich lege das Buch N zur Seite für die Box.

13.5.22