Sonntag, 26. Juni 2016

Meine Erfahrung mit Ideologie in der Verwaltung

Vorwärtsverwaltung

Ist eine Überschreitung der Grenzen. Doppik überwältigte Politik. Aus Fachmann wurde Ideologe.

Der große Sprung nach vorn

Ich erlebte verschiedene Phasen der Vorwärtsverwaltung mit. Sie kamen mit der nach68er Wende aus der revisionistischen Ecke der SPD. Da wurde erstmal der Volkszorn gegen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger dazu genutzt, den Begriff des Lebenszuschnitts nach Würde zu liquidieren und stattdessen den Sozialhilfebedarf an unteren Grenzen von prekären Durchschnittseinkommen anzusetzen. Der stetige Versuch gegen eine am Begriff der Würde orientierte Rechtsprechung mehr und mehr an den Armen zu sparen, mündete schließlich in Hartz IV, dem Verrat der SPD an Basis und Klientel.


  • Andere ideologische Haßwellen wurden im Deutschland der Nachwende wechselnd gegen Ärzte, Beamte, immer wieder gegen Fremde, schließlich gegen Politiker selbst losgetreten. Nach der Aufkündigung der Wertegemeinschaft der Republik des Grundgesetzes war dem Kampf wechselnder Mehrheiten gegen wechselnde Minderheiten keine Grenze bürgerlichen Anstands mehr gesetzt. Jedes Anliegen konnte plötzlich ohne Einwand besonnener Bürger als Schmarotzen, Privileg pp "entlarvt" und mit gewaltigem Lärm verschrien werden. 

In dem ätzenden Spruch:"Fordern und Fördern" wendete sich der hinaufgelangte Teil der Jung-SPD nunmehr ab vom Auftrag des sozialen Bekenntnisses. - Um sich desto ungenierter und häufiger dem Ausverkauf des Staatsvermögens und persönlichem Profitchen widmen zu können.

So kam "Doppik"

Als Mittel der Verschleierung von Finanzströmen hinter spekulativen Vermögensbewertungen wurde ein neues Buchungssystem aus der Betriebswirtschaftslehre an die Stelle des klareren herkömmlichen kameralistischen Rechnens eingeführt. Die doppelte Buchführung bzw. Nasführung. Haushalts-Sachverstand wurde in großem Maß durch spekulatives Planen abgelöst, gestandene Finanzleiter durch Rechner in virtuellen Räumen der Vermögensschätzung, denen politische Werte und Wichtigkeiten hinter ästhetischen Darstellungen eines aufgeblähten Optimismus versanken.
Der Staat als Geschäft. Was ist unmoralisch daran, wenn Manager, die gut verkaufen, sich bereichern?

Von der zweiten Dimension der Vermögen, Einnahmen und Ausgaben in die dritte der aus geschätzten Werten fließenden Möglichkeiten zu projizieren, ist eine Form der Spekulation, um die bei allen windigen Chancen des phantasierenden und übers Ohr hauenden Willens, die Privatwirtschaft nicht herum kommt: sie muß in irgendeiner Form eine gewisse Gewißheit über den Wert Ihrer Waren und Immobilien bekommen, um die Geschäftsgegner übervorteilen zu können.

Der grundlegende Unterschied zwischen dem Handel unter Konkurrenten und dem ordentlichen Verwalten eines anvertrauten gemeinschaftlichen Gutes verschwand. Die rote Linie zwischen sorgsamem wirtschaftlichem und spekulativem profitlich-riskantem Handeln war überschritten.

Mir begegnete dann noch das Experiment Versetzungskarusell und die Einführung des bürgerfeindlichen Kassenautomaten, die Machtergreifung und der Triumph der EDV über die herkömmliche Hierarchie und der Schwund der Kontrolle über Fachabteilungen wie Bau- und Jugendamt.

Solche Fehlentwicklungen können durch wachsame Kontrollen geschulter Rechnungsprüfung und angemessenes Mißtrauen in den politischen Gremien gering gehalten werden. Gegen Manipulationen der Verwaltung, die alle paar Jahre als "Bewegung" oder "Wellen" aus dem ideologischen Brausen im politischen Raum herein schwappt, hilft nur persönliche Wachsamkeit.
So wurde ich bei Vertrauen in die grundsätzliche Vernünftigkeit und Menschlichkeit belehrt, die Wachsamkeit nicht zu vernachlässigen.

*
Gegenüber dem Staat werden seitens der Wirtschaft stets vorgebracht: Unbeweglichkeit und Unwirtschaftlichkeit. Er sollte eben dies auf seiner Fahne behalten: Stabilität, Verlässlichkeit, Verantwortlichkeit. Für seine Sorge kann er Zocker nicht gebrauchen. Verwaltung darf nicht Lotterie werden, muß Sache der Bedenkenträger bleiben, die das Entscheiden der Politik so schwer machen, aber auch verlässlich sind.

Der Staat kann und soll deshalb nicht wie ein Discounter mit immer schlechterer Ware immer größere Gewinne abwerfen, um dann Konkurs zu gehen, sondern wie ein guter Treuhänder  (eben nicht wie ein 1990er) verwalten und die entsprechenden Steuern eben auch erheben. Die Republik ist kein Trump-Betrieb.

Vorwärtsverwaltung ist ein Widerspruch gegen den Anspruch der Gewaltenteilung! Gerne vorwärts in der Politik. Es braucht aber Treue zum Gesetz, gerade nicht Gefolgschaft des -stets vom Wind bewegten- Willens. Und öfter als befürchtet: Remonstration.

Klaus Wachowski  26.6.2016

Donnerstag, 23. Juni 2016

Brexit

Faszination des Primitiven

Sich darüber einig sein, nichts miteinander zu schaffen zu haben.

Große Freude in Rußland und China. Warum haben russische und englische Hools eigentlich einander verprügelt?

Das Primitive ist ansteckend.-

Aber die Befürworter bleiben in der Mehrheit:

Spießer aller Länder vereinigen sich in der gegenseitigen Aversion.
Die Vernunft vereinigt sich über Aversionen hinweg.

Abwägen: Nehmt Alles nur in Allem: Selbstgerechtigkeit siegt über Gerechtigkeit.

Dienstag, 21. Juni 2016

Von der Unzerstörbarkeit, Schopenhauer zum Urknall

Unendliche Teilbarkeit:
Zerstörbarkeit der Körper bei Unzerstörbarkeit der Materie

"Wenn wir hingegen, der Wahrscheinlichkeit zufolge, annehmen, daß jedes Sonnensystem sich durch allmälige Kondensation eines Urweltnebels und darauf gemäß der Kant-Laplace'schen Hypothese gebildet habe; so können wir doch keinen Augenblick denken, daß jener Urstoff aus nichts entstanden wäre, sondern sind genöthigt, seine Partikeln als vorher irgendwo vorhanden gewesen und nur zusammengekommen vorauszusetzen; eben weil der Grundsatz der Beharrlichkeit der Substanz ein transcendentaler ist."

Freitag, 17. Juni 2016

Der Urknall

Die Physik hat sich also wieder ins 18. Jahrhundert begeben und das Absolutum getroffen. Aus Kosmologen werden wieder Mystonauten.

Betrachtet man den Urknall als Ursache, stellt das der Kausalität gebundene Erkenntnisvermögen die Frage danach, welcher Vorgänge Wirkung sich hier zeigte. Betrachtet man sie als Wirkung, stellt sich die Frage nach ihrer Ursache. Es gibt keinen Hinweis auf einen anfanglosen Anfang der Existenz.

Natürlich kann eine sectorale Betrachtung der Wirklichkeit Anfänge wie Enden für den Zeitraum ihrer Betrachtung festsetzen. Aber die Festsetzung eines Begriffs sollte man nicht mit den Erscheinungen und deren Möglichkeit gleichsetzen, will man nicht den Verdacht auf Ahnungslosigkeit oder Absicht erregen.

Im Reich der unbegrenzten Wahrscheinlichkeiten der Mystik gilt dies natürlich nicht. Vielmehr ist dort Unmöglichkeit oft gerade Voraussetzung von sogenannten Denken.

Freitag, 10. Juni 2016

Gott beweisen müssen

Aus dem philosophie MAGAZIN 1/2016
Leserbrief des
Karim Natour: Nein zur Negierung

"...Es ist schlicht falsch (...), die Möglichkeit eines Gottesbeweises durch das bis heute Nichtexistieren eines solchen zu negieren."

Philosophie Magazin - Leserbriefe

Eine interessante Theorie:
Es gebe den Beweis von Gottes Existenz, die Philosophen hätten ihn nur noch nicht gefunden.
*
Versuch einer Entgegnung nach Schopenhauer:

Woher weißt Du das? Dieser Glaube teilt das Schicksal des Glaubens an Gott und anderer Vermutungen: zur Begründung fehlt ihnen ein hinreichender - Grund.

Was ist Beweisen anderes als das Zurückführen eines Ungewissen auf ein Gewisseres als seinen Grund?

Die Philosophie hat vier Arten von Beweisgründen herausgefunden  (Schopenhauer: vierfache Wurzel vom zureichenden Grund pp).

Die behauptete Existenz Gottes hat nicht die unmittelbare Gewissheit der Existenz von Zeit (Aufeinanderfolgen) und Raum (Lage, rechts ist nicht links), noch die abgeleitete der Kausalität  (keine Ursache ohne Wirkung, keine Wirkung ohne Ursache, kein erstes A, kein letztes O).
Gott ist nicht notwendige logische Folge aus Begriffen, die von der Anschauung geprüft sind, und er folgt nicht notwendig wie eine Handlung aus einem Motiv.
Das Motiv für die Existenz Gottes kann nur im Menschen liegen (Angst oder Hass und Wunsch auf Hilfe; Dankbarkeit und Wunsch nach einem Gegenüber). Es beweist den Menschen, nicht Gott als existent.

*
Die Gewissheit, dass es keine Möglichkeit gibt, Gott zu beweisen, kann allerdings nicht mit Grund als Beweis dazu herangezogen werden, dass das Was in allem, hinter allem, das "Ding an sich" ein Nichts ist bzw. nicht ist.

Gottesglaube und Nichtglaube sind letztlich beide nicht Wissen, d.h. eine Gewissheit, die auf festem Grund ruht. Wozu also den Streit der Köpfe durch Köpfen lösen? Du würdest alle vernichten und Dich selbst, bokuharam...

*

Wo Dir nun Gott im eigenen Erleben erscheint, bedarf es keines Beweises und gibt es kein Widerlegen. Nur wem anderes oder nichts dergleichen erscheint, dem sagt kein Gott mit allem Recht der Vernunft nichts.

Glauben ist eben nicht eine Form von Wissen.

9.6.2016 Klaus Wachowski