Mittwoch, 27. Juli 2022
Sperlinge
So ermöglicht die Wissenschaft große praktische Lösungen, der andere Gebrauch des Vorstellungsvermögens allerdings auch phantastische Abirrungen in Weltbilder, Zauberglauben, mystische Nebel und überhöhte Ansprüche auf Privilegien und Herrschaft. Auch unglaubliche Angst- und Machtvorstellungen können die unendlichen Leerräume desorganisierter Köpfe überschwemmen. Speziell das 20. Jahrhundert und die vorangehende Romantik sind prallvoll mit Beispielen des Wahns.
Wie kommt der friedliche Spatzenschwarm Menschheit dazu, Abgründe des Unrechts und der Not, Schlachthäuser der Ideologie und der Religion, Schlachtfelder von Herrschaftsansprüchen, Vernichtungslager des Wahns zu schaffen und ungerührt zu dulden?!
Aber
wie konnten sich auch immer wieder Sinn der Philosophie, Vernunft der Republik und Wunder der Kunst, allgemeine und einzelne Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gegen die Macht der Wahnideen durchsetzen? Der Gott der Sperlinge hat wohl den Antrieb der Nächstenliebe tief in uns allen verankert...
So meinten schon Stoiker, Christen und alle Weisen von Philosophie und Religion der alten Zeiten. Schopenhauer ungefähr so: "Alle Dummköpfe und alle Weisen der Weltgeschichte haben jeweils das Gleiche gesagt."
Klaus Wachowski 27.7.2022
Dienstag, 26. Juli 2022
Enquist
sollten, oder was sonst mit ihnen passieren sollte. Auf jeden
Fall hatte sein deutscher Chef zu ihm gesagt Du sitzt bei mir mit deinen Papieren. Aber du musst auch lernen, mit einem Gewehr umzugeben, wir haben Krieg. Und er hatte gelacht und gesagt nein, ich kann nicht mit einem Gewehr umgchen. Ich schieße unsagbar schlecht. Aber sein deutscher Chef hatte
gesagt Du kannst es lemen! Aber dann musst du lernen, auf beweglicbe Ziele zu schießen. Nicht nur auf Zielscheiben.
Ich kann ein paar Juden besorgen, hatte er gesagt, und dann kannst du üben, auf laufende Juden zu scbießen."
Olov Enquist
Und was empfindet er?
"Keine Erregung, keine Freude, nur eine Art friedlicher Ruhe, Schuld oder Unschuld, die Gesichter der Menschen sind am Ende nur menschlich, wie seins vielleicht. Das ist seine Empfindung."
Ich dagegen empfinde Zorn gegen so pietistische Schamlosigkeit des friedlichen Blicks:
Der lettischen SS-Mann hatte doch Menschen zur Vernichtung aussortiert wie der "Humanist" Carlo Schmid, der in Lille Franzosen zum Tod verurteilte.
Der Blick weg von den Opfern: Ist das der Blick des Friedens? Hätte es gegen die ausgelieferten Baltischen SS-Leute nach ihrer Rettung vor den Sovjets nicht Untersuchungen geben müssen? So klar wie eine Beschäftigung der SPD mit ihrem Humanisten Carlo Schmid! Was auch nie geschah.
Jesus nimmt die Reuelosen nicht mit in den Himmel, mein "kritischer" pietistischer Weggucker! Na ja, war ja auch nur ein Mensch in Gottesgestalt. Der Freifühler kann da schon mal über das Gewissen hinaus zuschauen. Im Spiegel der Prügel des Wachmanns, die Instrumente des SS-Arztes.
Und da kommt mir auch noch die Pol Pot- Sache hoch, für die er zwar seine ehrenwerten Motive benennt und als "Fehler" tadelt, für deren Wirkung er aber kein Zeichen der Reue, (zu spät gekommenes, aber fühlbares Mitleiden,) niederschreibt.
Mein Problem: ich hätte in meinem Leben schon gerne jemand*in an meiner Seite gehabt, dessen/deren Schriften ich ohne die Anstrengung moralischer Kontrolle hätte lesen können. Ich brauche zwar keine moralische Anleitung, das macht schon das schlechteGewissen, will aber auch nicht andauernd nachprüfen müssen...
Ich selbst bin auch nicht besser. Dieses Wissen hilft nicht beim Auftauchen von Gleichgültigkeit in anderen Texten.
Es geht eben um Dich, mein Bruder, meine Schwester... Literatur und Kunst sind leider keine sicheren Orte für die Gerechtigkeit. Lies weiter und sei auch da auf der Hut!
26.7.22
Freitag, 22. Juli 2022
Norbert Frei und der Faschismus
Mittwoch, 20. Juli 2022
Stromausfall in Baden Baden
Dienstag, 12. Juli 2022
putinism, trumpism, orbanism, ortegism, erdowanism Episoden der Ideologie
Sonntag, 3. Juli 2022
Sallust über Catilina (Reclam 889 aus 1967)
Als dann Reichtum zu Ehre wurde und ihm Ruhm, Amt
und Macht folgten, ermüdete der Anstand, galt Armut als Schande, Ehrlichkeit
als Frechheit. So wurde die Jugend zu Gier und Arroganz gezogen: sie raubte,
praßte, nichts war ihr wertvoll, sie kannte keine Grenze.
Die alten Römer hatten den Besiegten nichts
genommen, außer der Möglichkeit, Unrecht zu tun. Aber diese Generation, raubte
den Nachbarn alles, was jene tapferen Männer ihnen gelassen haben; als ob
Verwaltung Herrschaft des Unrechts hieße.
Kaum jemand kann glauben, daß von Privatleuten Berge
umgestürzt, Meere mit Bauten bedeckt worden sind. Sie trieben ihren Spott mit
dem Reichtum; was sie auf anständige Art hätten besitzen können, zerstörten
sie. Auf der Jagd nach exquisiten Genüssen durchforschten sie Land und Meer,
...
Das alles reizte die Jugend, wenn das ererbte
Vermögen schmolz, zu Verbrechen. Ein vergifteter Geist richtete sich
hemmungslos auf Besitz und Protz.
In einer so großen und verdorbenen Gemeinschaft
sammelte Catilina Schande und Verbrechen wie eine Leibwache um sich. Denn jeder
Maulheld, der mit Vergeuden, Bauchfüllen und Huren sein Vermögen geschreddert
hatte, jeder der sich beim Einkauf von Skandal und Verbrechen verschuldet
hatte, zudem alle Mörder aus aller Welt, Hassprediger, Verurteilte, hierzu
Leute, die von Lüge und Gewalt lebten, das waren Catilina die Nächsten und
vertraute Freunde.
Am meisten indes suchte er Freundschaft mit noch
formbaren jungen Leuten. Den einen besorgte er Drogen und Sex, anderen kaufte
er Hunde und Fahrzeuge; er sparte nicht mit Aufwand und riskierte sein Ansehen,
wenn er sie nur abhängig machte. Sein Herz, konnte weder im Wachen noch im
Schlaf Frieden finden: ...aus seinem Gesicht sprach der Wahnsinn.