Sonntag, 13. Dezember 2015

Die Väter kommen

Eisenberg

Zerstört schon in den 70ern, aufgebaut, verrottet, aufgebaut, ausgewohnt, mühsam aufrecht erhaltene Insolvenz. Eigentlich so recht geeignet für die Zuwanderung vertriebener Flüchtlinge.

Zu Tausenden kommen sie herein, unsere Väter und Großväter, mit den Körpern unserer Kinder und Hoffnungen schimmelnd in den eingeweichten Papieren narzisstischer Ideologen des 19.Jahrhunderts. Seelen mit riesigen offenen Wunden und schweren Panzern um nachtschwarze Ängste.

Sie begegnen uns, ihren Kindern in den Körpern ihrer Eltern, die oft schon gestorben sind. Aber mit Gedanken von flatterhafter Freiheit, angstmachendem Chaos, haltloser Sehnsucht. Irgendwie irre.

Wie rede ich mit meinem Vater, der das Leben enger will, mit meiner Mutter, die mir die Straße nach oben einredet? Wie sollen sie mit mir reden, dem Ungehorsamen, dem, der Fremden traut und das Alte ironisch kommentiert? Sag es mir Bruder, Schwester vom Alter meiner Kinder.

Was sollen Deine Eltern in Berlin, der Stadt des stolz geschwellten Ego?
Aber hier im Fokus des Misstrauens ist es nicht weniger schwer.

Kann ich jetzt die Väter verstehen? Die enge Erziehung, den krampfhaften Halt an die Ideologie von Herrschaft und Unterwerfung, die anderen Ängste, den Haß?

Auch wir mußten unser Leben neu erarbeiten. Vieles half. Aber auch das eigene Wollen.

Ihr Väter und Mütter, seht wohin Eure Kinder gehen werden. Lasst es zu: nur solche Kinder werden Euch nach Eurer Flucht empfangen. Mit Bedenken. Mit dem Vertrauen in Wert und Würde des Menschen.

Auch unsere Väter und Mütter sind schließlich nicht alle nach Berlin gezogen. Auch Eisenberg ist eine Möglichkeit. Für die Erprobung des Vertrauens oder die unheimliche Rückkehr in die Urgemütlichkeit. Schreckliche Einsamkeit im Herrschaftsgebiet von Familie und Verein.

Du kennst das. So bleibe nicht, sondern werde, was Du - auch -  bist. Das wünsche ich Dir und mir.

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