Mittwoch, 23. Oktober 2019

Handke im Nobelsturm

Handke im Nobelsturm 

Auf die Gegenfrage, ob die in Sarajevo stationierten Journalisten nicht "etwas betroffener" seien als er, rastete der Schriftsteller aus: "Gehen Sie nach Hause mit ihrer Betroffenheit, stecken Sie sich die in den Arsch!" Aus der Welt...

Der Preis dient dem Luxus, ungestört schreiben zu können (für solche Ruhe dankbar: Virginia Woolf, Henning Mankell). Viele andere, die genauso gut und besser und berührender schreiben, hätten ihn eher verdient:

Weil er schon genug hat.
Weil er nicht Reue gezeigt hat. 
Sein Stil: geschenkt! 

Vom Alter her gesehen ist Schnullerkritik nicht mehr angezeigt. Mit Wortwichs geglänztem Schuhwerk am Leid vorbei "wandern": wie viele ,und selbst Loser, tun das nicht?
 
Aber angesichts der Schlusstrich-Rede von 96 in der SZ steht es dem Betrachter nicht zu, dem Erdbeerriecher von Srebrenica gegenüber milde gestimmt zu sein: nicht Handke ist Opfer! 

Mehr als Fairness kann nur Verzeihung gewähren. Die steht mir nicht an, nicht dem Nobelpreis-Kommitee, niemandem als den Verletzten.

Allein aus diesem Grund hätten tausend andere den Preis nicht ebenso, sondern vor ihm verdient. Es geht nicht um Political Correctness, Herren Scheck und Co, es geht um baren menschlichen Anstand!    

Man befindet sich in guter Gesellschaft mit einem, der seine SS-Bewerbung nicht erklärte, einem anderen von anderem Schlußstrich, einem, dem achtsamere Skandinavier seine Bücher über den Zaun zurückwerfen, einem, der seine positive Stellungnahme zu Pol Pot nicht zurücknehmen kann. Man kennt so etwas immer öfter, leider gerade in D.

Was noch zu sagen ist zu empörten Ethikern, die sich über  Empörung empören, wie etwa jener Nibelungenscherzer  oder -Herzer Melle in der FAZ: steht denn Euch Verzeihung zu, wo andere zum Triumph im Schlachthaus das Säuseln literarischer Genußwanderungen hören, zum Verlust Schlußstrich-Appelle der Indifferenz tragen müssen und das Unverständnis ausgesuchter Erhobenheit? 

Ist nicht eher:... das "das Narrativ der Gegenwart! Dass man auch die Opfer und die zahllosen und namenlosen Toten irgendwie zur Sprache bringt?! " (Melle zu den Nibelungen in Worms)

Soweit die Basics

Zum "hohen Stil" einer Körperwelten-Degustation des Lebens nehme ich nun doch nicht Stellung. Plörre aufgebrühter Realitätsauszüge? Wers mag...

Nach Vergegenwärtigung eines doch selbst nicht glücklichen Lebens mag es bei dem Ruf zur Reue bleiben. Preis geschenkt!

23.10.90

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