Bayreuths Knacks:
Jean Pauls Sehnsucht
Wagners Wahn
Nietzsches Delirium
Solarpanel auf der Kuhweide
ungeschickt, Bayreuth im Hype zu besuchen! Dr. Smirc kann
Jean Paul in der Menge der Poeten und Tröten, Akademiker und Lüftlmaler nicht
erkennen. Wo ist der Frühling, wo sind Krokus und Sonnenstrahl in den
Dickichten des Veranstaltungsprogramms. Verehrer und Verehrte überall. Aber das
Herz wird schlaff in all dem Lob und
Wurstwerfen nach Lob. Ein anderer Geburtstag, der von Freund W. wäre da näher
dem Ich gewesen.
Der Obdachlose Zwergenbart erreicht in Neuhaus noch schwer
atmend den Zug. Die sächselnde Fahrerin hat den Zug gnädiger Weise so lange
angehalten. Wohin mein Bruder vom verwirrten Blick? Schlechtes Wetter, dieser
Frühling.
Die Prominenz, die Prominenz zweiter Klasse, das zahlende
Volk, das Volk. Die Autorin – des Verlags.
Japaner, die durch Bayreuth ziehen (wahnwagnern). Wenn die
wüßten, daß hier der erste deutsche Chinese schrieb!
Kuhschnappel ist auch nicht mehr das, was es mal war:
Solarpanel auf der Kuhweide.
Es hat geknackt
Die Wahrscheinlichkeit, daß es wieder einen Wirbel des
Selbstbewußtseins getroffen hat, ist größer als die der Auflösung einer
Blockade. Vielleicht ist es Beides. Es macht mir aber den Eindruck von
Notwendigkeit und gleichzeitiger Befreiung.
Eine Masse von Verehrung ist in eine Stadt von Normbürgern
geschwappt. Mein persönlicher Jean Paul, der neben Richard Weber mit mir durch
den Tag ging, ist verloren gegangen. Ich begrüße die längst fällige
Anerkennung, die in den Wiederbelebungsmaßnahmen zum Aus-druck kommt, aber die
Verehrung ist um eine Spur zu hoch, wie die für John Lennon oder bei den
frommen Cliquen für Jesus. In diesem Augenblick spüre ich den schmerzhaften
inneren Knacks, mit dem ich mich von den Freunden auch meiner Verehrung löse,
wie eine Erleichterung.
Anders als bei Karl Kraus + Schopenhauer will ich aber nicht
den Fehler begehen, mich von der Person meiner Verehrung zu lösen, vielmehr
will ich Verehrung überhaupt verlassen.
Es ist nicht leicht, es wird nicht leicht sein. Aber es
winkt eine Belohnung namens Freiheit und Rückkehr zum Ich. Ich gehe deshalb
nicht in die Lounge, sondern in das Restaurant von Karstadt. Ich komme nicht
von da. Aber meine Familie, die eben dies glaubte. Hier teilt vermutlich
niemand solche absurden Vorlieben wie die für einen absonderlichen Dichter.
Aber wie ist es am Mikrophon in der Lounge? Da ist er um eine Selbsttäuschung
ferner.
In mir sagt es mit buddhistischer Oberlehrerstimme: „Sieh
das Leben, wie es ist! Dann kannst Du besser davon träumen, was Du ersehnst!“
Dies sind billige aber bunte Stühle, verschmierte Tische,
ein Blick ins Gewerbegebiet und ermüdete Seelen. Na ja: Eine blaue Lücke im
Wolkengrau, einige grüne Berg- und verzwirzelte Kirchturmspitzen vor der
blassen Ferne, ein Kind voller Träume, zwei frisch verliebte Alte (eine Lüge
mit Möglichkeit).
Was tue ich also hier, am Ort der verlorenen Begeisterung?
Mit zwinkernder Depression könnte ich die Wahrheit so betonen: Ich sammle
Einsamkeiten wie Andere Briefmarken. Aber da ist eine andere freie
Notwendigkeit: Ich sitze an diesem Bach und lausche dem Versprechen des
Schmelzwassers Leben: Es erfrischt meine von Klugheit gebogene Freude. Es ist
ein Hahnenschrei oder ein Bluesakkord zum ersten Schritt auf der neuen Runde auf
dem Weg.- Ich glaube: dem Weg zu Dir.
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