Dienstag, 27. November 2018

Härtling

Peter Härtling hat zumindest erreicht, daß meine Aversion gegen die Romantik zurück gegangen ist. Sie hatte sich mit Wagner und der Vorliebe der Nazis für ihn entzündet, war durch die versteckt hassende Judenbuche der Droste verstärkt worden und hatte in Arendts kritischen Betrachtungen ihre Berechtigung gefunden.

Dr. Smirc: "Sieh Dir die Panik des untergehenden Adels an, die den Heldenmut der mit blauem Blut geborenen himmelblau ausmalten wie die Blaublütigen Spaniens, die sich von den Kaufleuten der Weltentdecker bedroht fühlten, sieh die Angst des Mittelbürgers vor der Proletarisierung an, der von der guten alten Zeit träumte!"

Angst in wilden Zeiten, die sich mit schönen Bildern und ebenso schmieriger Musik wegträumten, während gewaltige Symphonien von Weltanschauungen aus einer verschreckten Betrachtung der Welt nach der Revolution gekocht wurden."

Dr. Warnix, Psychagog und standhafter Abwiegler: "Aber schau Du doch mal auf die Naturschilderungen des Adalbert Stifter, auf Jean Paul. Hier wurde auch die Person zuerst entdeckt, das Ich und Du."

Smirc: "Ja eben: das Angeborene, das unabwerfbare der angeborenen Bosheit der Person, des Volks, der Rasse... Das sind die Wurzeln des Antisemitismus."

Warnix: "Machs Dir doch nicht so einfach! Das Fremde wird doch schon vom -angeborenen - Instinkt gerochen und perhorresziert. Heute macht er ganz andere Fremde als Feinde aus. Ohne Romantik."

Dr. Smirc: "Ich weiß nicht. Hatten wir nicht auch viel Hirn löschende Musik? Pink Floyd kommt mir in den Sinn. Und auf der anderen Seite die Sehnsucht nach der guten alten Zeit von nach dem Krieg oder vor der Wende, wo es noch keine Probleme mit Ausländern gab. Der gute ordentliche Europäer vom Breivig..."

Dr. Warnix: "Aber Härtling hat mit seinen Romanen doch eine andere Betrachtung ermöglicht. Hölderlin, Schumann. Persönlichkeiten, die andere Träume, aber Träume lebten, frei von Herrschaft."

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Ich bade gerne im Duft, andere ziehen klares Wasser vor. In Musik und sonstiger Kunst bade ich lieber in klarem Wasser, wo andere ihren Verstand an Wagner ausliefern. Nach Härtling will ich es mal mit duftenden Romantikern versuchen. Wenn mir das mit Mörike erträglich ist...

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Ich gehe durch die Straßen einer Stadt. Dort ist weniger Angst und Mystik als im Dorf oder in den entvölkerten Regionen des Ostens. Hier ist Platz für viele Heimaten.

Was schaut der S-Bahn-Passagier? Hobbit oder Predator? Und hat das Wirkung? Welches game gefällt und welches wird in Wirklichkeit gespielt?

Smirc: "Du meinst also, Du seist auf die Schliche ihres literarisch-musikalischen Erfolgs gekommen. Und er habe nicht allzuviel zum Erfolg der Hasswelten beigetragen?"
Warnix: "...und die Schuld wäre damit wieder mehr beim Publikum? Es habe sich doch die Droge nicht reinziehen müssen oder sich doch gegen die Übernahme des Verstands wehren können? Und nicht getan."

Okay, sie haben Recht. Ich kenne -auch unter Freunden- Begeisterte, die im Leben und Urteilen ganz klar sind. Unter welchem Verdacht wohl ich stehe, der ich Gott glaube?

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