Montag, 3. August 2020

Zu Wittgenstein philosophische Untersuchungen - Abschluss

Zu Wittgenstein philosophische Untersuchungen

   Die Schwierigkeit Wittgensteins sehe ich in der Schwierigkeit der Philosophie nach Kant und Schopenhauer überhaupt: man wollte sich weiterhin eigene Gedanken machen. Auch nicht ganz klare, wogegen ich nichts habe. Denn  ich selbst möchte meine Freiheit nicht in ein vorgefertigtes System pressen lassen. Aber mein Ergebnis muß ich schon an vorliegender Erkenntnis überprüfen. 

   Was für ein erkenntnisphilosophischer Unfug etwa, den Willen  zum Leben auf einen Willen zur Macht zu verkürzen, wie es der überschätzte romantische Metaphernjäger Nietzsche tat. Zu Hegel hat Schopenhauer genug gesagt, zu Marx Hannah Arendt. 
Was bezweckte Wittgenstein? Er vermischt Gegenstände und Vorgänge der Vorstellung mit solchen des Willens. Die Trennung dieser beiden Sphären der gleichen Welt scheint ihm nicht eingegangen zu sein. Hat er seinen Schopenhauer oder Kant nicht gelesen? Und wenn doch, was war seine Haltung dazu, seine Erkenntnis daraus? Das Folgende erscheint mir wie der Versuch, schwammige Begrifflichkeiten in schlammige Wasser zu spülen. 

   Ich habe nicht mehr die Ausdauer, die Erkenntnisse nach Kant und Schopenhauer in großem Umfang gegen dunkles Denken hoch zu halten. Einige Anmerkungen mögen genügen:
Aus den philosophischen Untersuchungen (bei suhrkamp):

„IV

»Ich glaube, daß er leidet.«—Glaube ich auch, daß er kein Automat ist? 

Nur mit Widerstreben könnte ich das Wort in diesen beiden Zusammenhängen aussprechen….“

   Woher das Widerstreben? Das eine glauben bezieht sich auf das Fühlen einer Person (oder eines Automaten), das andere auf meinen Rückschluß aus der Vorstellung eines Objekts auf das, was es an sich ist: Person, Ich noch einmal, oder Automat. Welche Bemerkung durchaus zur Erläuterung der ersten dienen kann, etwa einem Philosophen gegenüber: „Ich glaube, daß er leidet, denn er ist meiner Meinung, meinem Glauben, Dafürhalten nach, kein Automat.“

„(Oder ist es so: ich glaube, daß er leidet; ich bin sicher, daß er kein Automat ist? Unsinn!)“ Die Ausführung dazu, warum diese Möglichkeit ein Unsinn sein soll, bleibt Wittgenstein schuldig. 

„Denke, ich sage von einem Freunde: »Er ist kein Automat.«— Was wird hier mitgeteilt, und für wen wäre es eine Mitteilung? Für einen Menschen, der den Andern unter gewöhnlichen Umständen trifft? Was könnte es ihm mitteilen! (Doch höchstens, daß dieser sich immer wie ein Mensch, nicht manchmal wie eine Maschine benimmt.)“ 

   Ja eben! Nur: Was ist unzutreffend, überflüssig, Unfug daran? 

"„Ich glaube, daß er kein Automat ist“ hat, so ohne weiteres, noch gar keinen Sinn."

   Das ist aber doch sehr zu bestreiten! Kann doch je nach Kontext und Haltung aller möglicher Sinn in der Frage liegen. Etwa der aus der Sache (Welt als Vorstellung): es macht den Eindruck, als handle er -wie ich- aus einem inneren eigenen Antrieb. Oder aus der Motivation (Welt als Wille): er ist für sein Handeln selbst verantwortlich, an seinem Leiden selbst schuld, man habe Erbarmen/kein Erbarmen mit ihm….

   Auf letzteres scheint der folgende Schluß zu zielen:

„Meine Einstellung zu ihm ist eine Einstellung zur Seele.“ 

   Zur Seele? Oder zur Frage, ob es eine Seele gibt? Nehme ich sein Leiden eher als Motiv zum Handeln oder als bloße Ergänzung eines Sachverhalts war? Oder – wie oft – als beides gleichzeitig?
*
   Hier gehe ich in mein Seniorenzimmer zurück und beschließe, ein Schläfchen zu halten. Im Bewusstsein, ein verzwicktes Rätsel für mich gelöst und eine Nebelbank überwunden zu haben.

   Was es mir hilft? Es gibt eben doch Glück z.B. der Erkenntnis. Da bin ich bei gleicher Gewißheit und großer Dankbarkeit doch gegenteiliger Meinung zu Schopenhauer.

                                            3.8.2020 Klaus Wachowski 

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