Freitag, 2. Februar 2018

Hannah Arendt zu den neuen Revolutionen

Der Fehler (bei der falschen Einschätzung bezüglich der "Schweinebucht") bestand darin, dass man nicht begriffen hat, was es bedeutet, wenn eine verarmte Bevölkerung in einem rückständigen Land, in dem die Korruption das Ausmaß völliger Verdorbenheit erreicht hat, plötzlich befreit wird, nicht von der Armut, sondern von der Undeutlichkeit und damit der Unbegreiflichkeit des eigenen Elends; was es bedeutet, wenn die Leute merken, dass zum ersten Mal offen über ihre Lage debattiert wird, und wenn sie eingeladen sind, sich an dieser Diskussion zu beteiligen; und was es heißt, wenn man sie in ihre Hauptstadt bringt, die sie nie zuvor gesehen haben, und ihnen sagt: Diese Straßen, diese Gebäude, diese Plätze, das gehört alles euch, das ist euer Besitz und damit auch euer Stolz. Das - oder zumindest etwas Ahnliches - geschah zum ersten Mal während der Französischen Revolution. (Die Freiheit,  frei zu sein dtv).

Das trifft doch wohl auch auf die vordergründig "islamischen" und die arabischen Revolutionen zu. This land is your land. Du kannst über dein Schicksal mit entscheiden. Das recht kommt aus der Person, jeder einzelnen!

Ein anderer guter Gedanke: geht es in der Republik darum, sich als der Beste zu beweisen oder darum, der Mächtigste zu sein? Gut handeln oder gefürchtet werden?

Hier widerspreche ich einem Gedanken Arendts. Das sich beweisen erscheint mir als ein Ausdruck von Persönlichkeit, aber nur bedingt als "Tugend" republikanischen Sinns. Der zunehmende Narzißmus in leitenden politischen Stellungen der USA erscheint mir eher als eine große Gefahr für die Freiheit. Der Westernheld Reagan, Showmaster Kevin Trump, besoffener Beifall statt Zustimmung der Köpfe, Inszenierungen in Sibirien und vor dem Parteiblock in China, da wird die Gleichwertigkeit im Handeln und Verhandeln gekippt durch Optik, Show und Trick. Meines Dafürhaltens nach hat die amerikanische Republik im letzten Wahlkampf eine schwere Verletzung erfahren. Sie wurde niedergebrüllt und lächerlich gemacht. Wo sind nun Ernst und Vertrauen in die Abgesandten des Volkes? Sind das nicht eher Truppen von Mächten als Stimmen des common sense?

Hier halte ich es eher mit dem trockenen und konservativen Cato, dem ein Ausschluß von schillernden Narzißten wie orgelnden Monologisten aus politischen Führungspositionen recht im Sinn der freien Republik gewesen wäre. Man sehe die Show, die ein Caesar, ein Augustus abzogen. Nero mit der Leier beim Anblick des brennenden Rom, die gewaltigen Ausgaben aller -auch der modernen - Diktatoren für Kunst und Inszenierung.

Die Freiheit der Kunst und der (auch Selbst-) Darsteller ist unverzichtbarer Teil der Freiheit und der Republik. Aber sie darf ebensowenig die Macht über das Handeln und Verhandeln erhalten wie der Reichtum.

Die Tugend des Sichbeweisens ist zur politischen Tugend nicht geeignet. Solidarität, fürsorgliches Handeln, achtsames auf gleicher Augenhöhe Kommunizieren, eigener Weg. Das könnten Tugenden sein, die den dreien: ELF entsprechen und weiterhelfen.

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