Albtraum 4.12.2023
In einem Gang laufe ich mit anderen, nicht deutlich sichtbaren, Schicksalsgenossen. Er neigt sich leicht nach unten. Die ursprünglich weißen Wände sind mit blauen, flammenförmigen Bildelementen übermalt. Schwarze Nebel sind darüber gesprüht.
Gemurmel. Wir traben langsam voran. In mir steigt ein ungutes Gefühl auf. Was tun wir hier?
Ich drehe mich um, sehe Dich. Auch Dir ist nicht ganz
wohl. Wir bleiben stehen, lassen die Menschen an uns vorbei wanken. Irgendwoher
die Ahnung: Wir werden irgendwohin getrieben. Könnte das Paradies aber auch ein
Abgrund sein.
Sind wir damit einverstanden? Wir reden miteinander darüber. Auch andere bleiben stehen, beteiligen sich. Diskutierend versperren wir den Flur. Die Leute murren, wollen uns weiterschieben. Gerade das verstärkt unseren Verdacht.
Ratten rollen auf uns zu, knurren und öffnen die Mäuler, als hätten sie die Kraft und Gemeinheit von Wölfen aus Grimms Märchen. Ihre Augen glühen von egofrommem Weihrauch und Gefolgschaft. Die Inschrift an den Wänden zeigt sich als Hass, Angst, Herrschaft.
Das eint uns erst recht. Wir bekämpfen sie, finden einen Moment Ruhe.
Mit kommt der Gedanke, diese Höhle sei vielleicht nur ein Potemkin’scher Karton Putins, eine Trumpsche Illusion. Wir beginnen dagegen zu treten, um aus dem Inneren des Papiertigers herauszukommen, die dahinter liegenden VIP-Räume der Herrschaften zu erobern und für die neue Republik vorzubereiten.
Aber wir befinden uns in einer unterirdischen Hassröhre
der Hamas, einem Russenknast, einer iranischen Folterkammer, einem türkischen Keller.
Irgendetwas in der Art.
Es bleibt nichts als uns umzudrehen und den Eingang freizukämpfen.
Plötzlich sind sie an unserer Seite. Die Politkovskaja, Osman Kavala, Nahaleh Shahidi Yazdi, Lu Siwei
aus China und immer mehr Menschen aus immer mehr Ländern, die das Recht der
Person gegen Diktatoren und Ideologen einfordern.
Das Wort Republik ist plötzlich wieder in aller Munde. In rasch gegrabenen Höhlungen bilden sich Schutzräume, Trainingsräume für autonomes Fühlen und Handeln, parlamentarische Klubs, Begegnungsstätten. Freiheit, Gleichheit, Solidarität, uralte Worte, werden plötzlich mit Sinn erfüllt.
Ich denke, es gibt eine Chance für die Weltrepublik.
4.12.2023
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