Dienstag, 11. Oktober 2022

Was ist ein Faschist?

"Es handelt sich um Merkmale, die auf eine ganze Reihe gegenwärtiger und verflossener Diktaturen und Autokratien zutreffen - von der faktischen Einparteienherrschaft über die unbestreitbar effektive Kontrolle der Medien und dem (schon weniger offensichtlichen) Führerkult bis hin zum Freund-Feind-Denken und der Verschwörungspropaganda. Dagegen fehlt im Falle Russlands, wie mein Freiburger Kollege Ulrich Herbert unlängst zu Recht hervorhob, die für faschistische Herrschaft charakteristische Massenbewegung, die ihren Führer "trägt und von ihm getragen wird" und die seinem Regime jene (selbst-)zerstörerische Dynamik verleiht, die sowohl bei Hitler als auch bei Mussolini zu beobachten war."

Ein Norbert Frei in der SZ im Juli 22

Wo war die charakteristische Massenbewegung in Portugal und Ungarn? Wo dort, wo der Faschismus eben noch nicht die Macht ergriffen hat, wie in Polen und Italien? 
Es braucht für den Faschismus keine Bewegung der Massen, sondern nur Peitschen und schwarze Uniformen für die Organisation. Für die Massen braucht es im Faschismus nur Ruhe und Furcht.
Danach gibt es mehr Faschismus, als man zu träumen fürchtet, und er ist durch die Häufigkeit nicht weniger gefährlich. Es geht auch hier stets gegen die Person, also den Wert, der Republik macht.

Gerade Putin zeigt mit dem Zusammenballen von nur auf ihn selbst eingeschworenen disziplinierten Gruppen (günstig im Apparat), mit dem Gründen einer neuen Dynastie vom gleichen romantischen Feudalgedanken bewegter Abhängiger, mit der zur Sehnsucht gewendeten Wehmut verlorener Herrschaft über eine konkurrierende Mitwelt, mit dem Heiligen der Gewalt, dem Zertreten der kritischen Vernunft, - Faschismus als eine Form des (Politik und ihren Raum Republik vernichten müssenden) Totalitarismus. 

Der Unterschied des Faschismus zu den drei personenunabhängigen Totalitarismen, die sich aus der radikalen Verkürzung der Werte Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit auf nur einen entwickelten: Imperialismus (Kapitalismus), Kommunismus, Nazismus (Rassismus, Antisemitismus, konzentriertes Wir) ist die Beliebigkeit der Werte bei Betonierung der hierarchischen neofeudalen Gesellschaftsstruktur, die ja auch den Literaten schön verzierte Plätzchen garantiert, so lange sie die Ornamente um den Kult der neuen Macht in braver Biegung halten ("Genie kennt keine Demokratie..")

Was braucht Putin Kapitalismus, Kommunismus, Russenrassismus, wenn er durchorganisierten Gehorsam hat? "Ein Kommandeur im Krieg der Sterne: Alle übrigen Systeme werden auf die Knie fallen vor der ersten Ordnung."

Ich glaube, dass zu wenig Arendt gelesen wird. 

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