Felix Hartlaub
und die Ethik
Aus volltext
letzte Nummer 12 21
„Einen Namen
gemacht hat er sich vor allem durch die plastischen und intensiven
Schilderungen eines distanzierten Beobachters über den Alltag im
Führerhauptquartier, die in ihrem knappen Stil bereits auf die
Kahlschlagliteratur der Nachkriegszeit hindeuten.“
Zum Tagebuchschreiber Wasistschondabei Hartlaub. Eine vernünftige Soziologie sollte
sich mit den Verbindungen der Nachkriegs- mit der Naziliteratur befassen, um
Hilfen z.B. für die Wertung von Nachtaliban- mit Terrorliteratur anzubieten.
Arno Schmidt wäre aufzuarbeiten, Günter Eich? Warum überlässt man das Feld der Wissenschaft
vom Anstand Literaten, die doch nur im Lobschreib zum Ruhm gelangen. Wie auch hier wieder versucht wird. "Kahlschlagliteratur" - Vorbild beim
Nazihistoriker?
Von Werten. Auch
Ethik gehört dazu. Nicht im Sinne von „Nachhaltigkeit“, welches Bekenntnis in
der neuen Koalition das der „Brüderlichkeit“ „erweitert“ hat, sondern im
ursprünglichen Sinn von Gemeinschaft, Hinwendung, Verantwortlichkeit, Sympathie,
eben Brüderlichkeit gegenüber dem Mitbewohner dieses Lebens.
Das, was eben
im Gesang aus der Hecke klingt: Gewissen, daß innere Gesetz des Schwarms, der kategorische
Imperativ. Das, was die Fanatiker von Tradition, Ideologie und die des Ego verachten,
verlachen, bekämpfen.
Du brauchst
keinen Gott. Auch nicht dazu, um fähig zu sein, die Welt und die Nächsten zu
lieben. Aber, wo Dir die Nächsten nichts bedeuten, hast Du keinen.
Einen kannte ich, der wurde wegen seiner tiefen
Stimme Boss. Sonst hatte er nichts als Schweigen in wichtigen Fragen. Er
handelte in der Gleichgültigkeit des Jobs gegen Menschen, die zu ihm kamen. Er
hatte nie lange Probleme mit seinen Entscheidungen in ihren Folgen. Angesehen
bei den Großen hatte er auch viele Lobredner bei den Kleinen, die selbst größer
werden wollten. Sein Gewissen schien ihn nicht zu drücken.
So gibt es
bei Literaten, die es oft durch gegenseitige und höhere Protektion, selten
durch Begeisterung des Publikums in die Zeitung und ans Mikrophon geschafft
haben, verbreitet das Bewusstsein, Ethik sei ein Käfig, der die künstlerische
Freiheit einschränke. eine ganz besonders wertvolle Freiheit von den Freiheiten
der Person. Ja, moralische Vorwürfe werden der Folter gleichgestellt.
Besonders seit
Nietzsche der wohl unter den Regeln seines Vaters und dem Ansehen Schopenhauers
gerade bei seiner geliebten Lou litt und so etwas ganz Neues, die Freiheit von Anstand
in den Mittelpunkt seines Denkens stellte und mit Weihrauch vom Wagner vernebelte.
Stolz auf und
Ruf nach dieser Sorte Freiheit, das ist häufig in Deutschland und Österreich
festzustellen, wo man sich ja öfter von Nazi-Anhaftungen und angetragenem schlechtem
Gewissen reinigen musste. Der Nobelpreis hat sich mit Gründen der Kunst, die höher
stehe als alle Vernunft, von der Verantwortung für die Preisverleihung an einen
Milosevic-Vergolder loszubegründen versucht.
Die Ethik
hat in der Literatur den schlechtesten Stand. Auch in der Familie und in der
Freundschaft gibt es starke Wichtigkeiten, die gegen den Anstand gegenüber den Menschen
vorgebracht werden. In den herrschenden wie in denen, die aus der Benachteiligung
ins Licht wollen: „Familie zuerst“ oder mit Freunden „Pferde stehlen“.
Korruption als Wert. Bei Impfgegnern und lachenden Coronaspreadern soll es
inzwischen eine „Familienbewegung“ geben und auch die Hassfreunde von Rechts schüren
die Angst vor den öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen.
Es gibt aber
auch die Ethik. Sie sagt bei der Stoa, im Christentum und mit Sicherheit in zig
anderen philosophischen und religiösen Quellen: Du bist neben dem eigenen Wohl
auch für das der Anderen verantwortlich. Das sagt Dir Dein Gewissen, wenn Du
zuhörst, und es klingt aus jeder Vogelhecke.
Bleibe dabei,
Marc Aurel sagt es schon: Anstand ist, was in Deinen letzten Tagen soviel zählt,
wie es schon immer zählte. Was sind da Preisungen und Einträge im Guinness Buch
der verschwiegenen Anhaftungen?
Klaus
Wachowski 14.12.2021
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