Freitag, 29. Oktober 2021

Erdbeeren und Bomben

Erdbeeren zum Bombardement.

In der sz meint Jörg Magenau am 28.10. über die Briefe zwischen Ernst und Gretha Jünger:

"Nachdem bei Gretha 1957 ein Unterleibskrebs diagnostiziert wurde, an dem sie im November 1960 starb, litt er heftiger am Dasein als die todkranke Frau. ..Ernst Jünger in Paris , wo er zum militärischen Führungsstab gehörte.

"Für mich ist nicht der Krieg das eigentliche Problem", schreibt er, "sondern die Aufrechterhaltung meines geistigen Standards". Die Flugzeuge, die er am Himmel über Paris beobachtet, waren für ihn vor allem ein ästhetisches Phänomen. Ähnlich wie in der berühmten Burgunderszene in seinen Tagebüchern, wo er mit einem Glas Wein in der Hand, in dem Erdbeeren schwimmen, die Bombardements vom Dach des Hotels aus in demonstrativer Dandy-Pose beobachtet, schreibt er auch an Gretha: "Ich sah Flugzeuge wie goldene Feuerkugeln langsam zu Boden schweben, andere kreiselten wie Blätter herunter, und wieder an anderer Stelle stürzte ein einzelner Flügel herab. Das Schauspiel war schön und zugleich voll dämonischer Schrecken." 

Die Ästhetik der Küchenschabe zum Gesang eines Nero.

Erinnert das niemanden an die olfaktorischen Betörungen des sinnierenden Handke durch eine serbische Erdbeere bei Srebrenitza?! Gehören literarische Kaltschnäuizgkeit und Erdbeeren zusammen zu eine gewissen Vorliebe für Paris? 

Mein Beziehungswahn ist unaufhaltsam auf Spurensuche. Als ich in Aix en Provence davon höre, daß auch das Huhn, daß goldene Eier legte, von Erdbeeren dichtete, ein Ästhet der kolorierenden Sorte, muss ich mich berichtigen. 

Auch er hatte nichts mit Mensch und Welt am Guru, war aber durchaus wenigstens verlieblicht, sehnsüchtig nach einem Wir, sodass ich seinem Ruhm eine gewisse Berechtigung aus dem Echo berührter Sehnsucht zugestehe. 

 Aber Wahn der Geste, Gleichgültigkeit gegen Leid: Was lese ich in Wikipedia? 

„Im Januar und Februar 1926 schrieb Rilke der Mussolini-Gegnerin Aurelia Gallarati Scotti drei Briefe nach Mailand, in denen er die Herrschaft Benito Mussolinis lobte und den Faschismus als ein Heilmittel pries. Über die Rolle der Gewalt war Rilke sich dabei nicht im Unklaren. Er war bereit, eine gewisse, vorübergehende Gewaltanwendung und Freiheitsberaubung zu akzeptieren.“ 

Was die beiden Erdbeerlutscher von Chitin und Beton und der Lust hoch über Katastrophen betrifft, so verstehe ich eine Feuilletonie nicht, die den Zikadengesang der ästhetischen Gefolgschaft angesichts menschlichen Leids nicht verstummen lassen will.

Poser, die Poeten spielen.

Genießen Im Angesicht des Leides. Epikur? 

Etwas Stoa könnte helfen.

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