Dienstag, 16. Juli 2019

Chain of fools III Sloterdijk

Sloterdijk, der Flautomat

Nein, ich befasse mich nicht mehr mit seiner Philosophie, das wäre mit Blick auf die mir verbliebene Zeit zu unfair gegenüber gehaltvolleren Gedanken anderer Philosophen. Wie die Beschäftigung mit dem international bekannteren Begriffebläser Heidegger nimmt es Energie von Leben ohne mit einem Gewinn zu entschädigen. Im Gegenteil sind solche Tänze auf den Früchten der menschlichen Erkenntnis eher geeignet, die wenigen Gewissheiten von Schopenhauer bis Sokrates in eine gärende Brühe zu pamperisieren. Das hält zwar manchen Verlag und allerlei Akademie am Leben, aber wer Wissen, Wahrheit, Erkenntnis, Gewißheit sucht, verirrt sich in labyrinthischen Gehirnwendungen des Aufgesetzten, weit Herbeigeholten, Aufgeblasenen und oft genug nur Falschen.

So war mein Lesen von Texten Sloterdijks stets von Erheiterung und gleichzeitig von Zorn begleitet. Ich habe nichts dagegen, daß nach dem wesentlichen Abschluss der Erkenntnisphilosophie durch Schopenhauer allerlei Lustiges und Trauriges in ethischen und kommunikativen Angelegenheiten betrieben wurde, um der eintretenden Langeweile wenigstens eine Unterhaltung entgegenzusetzen.

Wenn man alles weiß, also nichts, besteht die Gefahr, daß der Intellekt an Unterbeschäftigung eingetrocknet. Die Versuche, anders oder besonders zu denken, oder Weisheit am Alltag zu erproben, gar im politischen Handeln, können dazu helfen, Geist und Urteilskraft beweglich zu halten und zu erfrischen. Soweit dabei Vernunft und Anstand gewahrt sind, lohnt sich mancher auch finanzieller gesellschaftlicher Aufwand für Philosophie und religiöse Theorie.

Mir haben sich die philosophischen Versuche nach Schopenhauer enttäuschend dargestellt. Es begann mit Nietzsche, der mit poetischen Wedeleien seine Rückschritte kaschieren wollte vom "Willen zum Leben" zum "Willen zur Macht", von der Philosophie der Erkenntnis zum Programm des Ich und der Rasse, einer Religion mit Umkehrung der Vorzeichen.

Wittgenstein, sehr interessant, drehte die Frage vom "Was kann ich wissen?" zum  "Kann ich überhaupt etwas (von Dir) verstehen?". Eine Frage, die die Erkenntnisphilosophie als geklärt voraussetzt, indem sie von einer gemeinsamen Fähigkeit des Einander-Verstehens aus der jedermann in gleicher Gestaltung angeborenen Fähigkeit des Erkennens ausgeht.

Strukturalismus, Dekonstruktion und andere... Man befasste sich mit den Bedingungen der Erkenntnis, mit ihrer Bedeutung für das Leben, mit ihrer Glaubwürdigkeit. Fragen der Moral en Masse und Zynismen des Ego. Man ging ab von der Frage: Was ist die Welt? Was kann ich wissen? - Zurück hinter Kant.

(Einmal glaubte ich Gewißheit gefunden zu haben, als ich Bert Russels kritischen Realismus im "warum ich kein Christ bin" gelesen hatte. Seine Beweisführung gegen Gott erkannte ich mit Schopenhauer schließlich als mit der gleichen Ungewissheit behaftet wie die für Gott, die er angegriffen hatte.)

Interessante Beschäftigungen, Spiele, Rätselraten.
Aber das hatte ich nicht gesucht, als ich nach dem Was fragte, in einem wirklichen Leben.

Wenn Witz und (geistloser) Geistesblitz, warum dann nicht auch ein immer interessanter Flautomat und Begriffs-Fex vom Allotria? Warum nicht Windbeutel und Wetterfahne? Warum nicht Luftikus vom Schaumkuss und letztlich Schnarchosoph im Onititt?

Er mischte sich in ungehöriger Weise in das Handeln in der Welt ein. Nutzte die Gläubigkeit der Menge, die mal irgendetwas davon gehört hatte, dass er ein irgendwie kluger Kopf sei zu menschenfeindlichen Äußerungen, verstieg sich zur "Menschenzüchtung".

Bei mir war die Grenze überschritten. Auch im kritischeren Teil der Medien, sodass der noch nach- brennende Ruhm keine nachhaltige Wirkung haben dürfte. Was sollte ein Sloterdijkane auch als Philosophie vortragen. Schwatzen bis ins Eso? (Wer nichts glaubt, glaubt alles). Mir gedenkt noch mit Schaudern die "denkende Rakete".

In die Chain of fools kommt er nur, weil er auch mir einst bei der Suche nach einem Nachfolger von Ernst Bloch kurzfristig die Urteilskraft verwirren konnte. 

*

"Seit einem Jahrhundert liegt die Philosophie im Sterben und kann es nicht, weil ihre Aufgabe nicht erfüllt ist." Kritik der zynischen Vernunft.  Aus seinem Blog. Ein bisschen aufgewärmter Nietzsche.

"Zwischen 1978 und 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf". (Der schon andere Hirne sich zu Brei meditieren ließ.)

Osho: ("Zitate zum Nachdenken" im web) "Fange an, diesen Moment zu leben und du wirst sehen - je mehr du lebst, desto weniger Probleme wird es geben." Hatte Osho Probleme? Im Seniorenalter würde ich fragen: Wie kam der auf so etwas? ..."... sein idiosynkratisches, allem Anschein nach furchtloses und unbeschwertes Gebaren sahen viele desillusionierte Menschen aus dem Westen als Zeichen dafür an, dass hier jemand war, der echte Antworten gefunden hatte." -Aus Wikipedia-
Während Sloterdijk sich beim Guru die Urteilskraft massieren ließ, nahmen andere mit den Fragen  konkreten Lebens, der Liebe und der Verantwortung ihre Lasten  auf. Hunderte, die sich mit Fragen der Erkenntnis auseinandergesetzt hatten, hatten nun keine Zeit mehr, sich tiefer in die Philosophie einzudenken. Womit sie sich abspeisen lassen mußten? Wohl auch mit der fröhlichen Philophantastik aus KA.
Heute: "Peter Sloterdijk steht tagtäglich Sinn und Zweck des tagtäglichen Mitnotierens der Zeit und der Leute vor Augen und erklärt sich in gewohnt ironischer Weise: "Wozu? Wahrscheinlich lebe ich unter dem Auge eines transzendenten Beobachters, der von mir keine besonders hohe Meinung hat. Mein innerer Beobachter ist kein Publizist." Folglich unterscheiden sich seine Notizen von denen der Blogger und netz-öffentlichen Tagebuchschreiber durch analytische Präzision, Wortmächtigkeit, Sprachbewusstsein, Gelehrtheit, Aphorismen, Humor, lyrischen Tonfall …"

Vielen 68ern war er so etwas wie ein Bloch, dem ja auch ein gewaltiger Farbrausch an stimmungsvollen Adjektiven die Aussagen verpoppten. Wir fanden das schön.
Mit der Ernüchterung kamen Hannah Arendt im Politischen und Artur Schopenhauer im Philosophischen. Die 68er, die er –wie wir- beschimpfte, das waren Führungsgestalten, die ihm davon und den Trögen zu liefen. (Wir Looser waren noch zu sehr mit unserer Verwirrung beschäftigt.) Er fand seine Nische im philosophischen Feuilletönen. Und er hatte Sitzfleisch genug, die Kritik an sich vorüberziehen zu lassen. Gemächlich trieb es auf ein Alleinstellungsmerkmal des Sonderseins hin. Heute kauen er und seine Barockzipfel, schon mal am Trump.
Was helfen diese Leute den Menschen?

Aber wir haben unser Leben gelebt, brauchen nicht mehr Lunch - Box noch Mercedes (sieht lächerlich aus). Ich kann in die Straßenbahn steigen, eine Butterbrezel kaufen ohne erkannt zu werden. Meine Notizen aus dem Tag haben schon deshalb mehr Gehalt. Aber auch das ist "eitel"! Das letzte Hemd hat keine Brusttasche für den Kugelschreiber und das Gedächtnis bringt Abenteuer genug für den immer kürzeren, immer unbekannteren Tag. Für das intellektuelle Vergnügen ist der Modefuzzi von der Shopping - Queen "Spaaß" genug, lustiger als die dopsenden Wortgewalten eines Begriffequetschers. Und der Beifall der Gläubigen regt mich nicht mehr auf, wie auch das Publikum einer Volksmusik: wer interessiert sich dafür, ob ich mitklatsche oder pfeife? Es gibt kein intellektuelles Gewissen mehr, dem ich verantwortlich sein müsste.

Wir haben es gelebt und die Nachfolgenden  müssen eigene krumme Wege gehn. In Abwandlung von Osho möchte ich Dir sagen: "Geh Deinen Weg selbst. Sei aufmerksam auch gegenüber den Menschen, dann ist es reicher. Du wirst auch Ärger und sicher auch Leid erfahren. Es ist Dein Leben. Du hast kein anderes. - Und nimm meine Worte nicht wichtiger als Deine Gedanken! "

Für die Menschheit und die Menschen ist es nicht ganz so wichtig, ob so ein Oniriti einen Kratzer mehr an seiner Steinzeithöhle anbringt als das, was im Mittelmeer an Leben untergeht. Da habe auch ich viel versäumt.

Das Toilettenpapier heißt, alle wissen es, Happy End.-

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