Mittwoch, 6. Juli 2016

Wohnsitzauflagen

Zusammenfassung

In der Zeitschrift Publikforum wird in der Kolumne "Pro und Contra" zwei Parteien Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen die Platzanweisung von Flüchtlingen auszusprechen. Ich war im Sozialamt beschäftigt und hatte gute wie schlechte Erfahrungen.

So dachte ich mir, es sei vielleicht praktisch, beide Standpunkte zu vereinigen. Es kam dann doch nur ein Standpunkt heraus: Eine Platzanweisung durch die Vernunft geht doch allzuoft mit einem Platzverweis für die Menschlichkeit und nicht selten auch für die Würde einher.

Integration ist gelungen, wenn die Bildung von Gettos vermieden wird. Genau darum geht es bei Wohnsitzauflagen, und deshalb sind sie so wichtig. Sie verstoßen gegen internationales Recht und sind echte Integrationshemmnisse.
Aufgrund des ungesteuerten Zustroms von Flüchtlingen arbeiteten viele Kommunen vergangenes Jahr im Krisenmodus. Die Auflagen erlauben es, Flüchtlingen, die noch keine Arbeit haben, einen bestimmten Wohnsitz zuzuweisen. Schiebt man Migranten in strukturschwache Regionen ab, in denen es keine Jobs gibt, fehlt ihnen jede Perspektive.

Mittlerweile können die Kommunen sich besser um die Menschen kümmern, die bleiben werden. Das führt zu Ausgrenzung und Gettoisierung! Die Bundesregierung greift damit eine wichtige Forderung des Städtetags auf. Integration ist keine leichte Aufgabe, wenn der Staat vorschreibt, wo Sie wohnen müssen. Es geht aber darum, vorhandene Kapazitäten sinnvoll zu nutzen.

Wohnsitzauflagen zerstören familiäre Bindungen, weil Flüchtlingsfamilien dadurch getrennt werden. Verwandte und Freunde sind eine wichtige Stütze. Wir wollen so vermeiden, daß sich Flüchtlinge in wenigen Großstädten konzentrieren, die dann überfordert wären. Dies gilt insbesondere für traumatisierte Menschen.

In den Ballungsräumen ist Wohnraum knapp. Die räumliche Nähe ist hilfreich wenn geflüchtete Frauen arbeiten wollen weil dann zum Beispiel die Oma auf die Kinder aufpassen kann.

Laut Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung haben mehr als sechzig Prozent der Flüchtlinge ihre erste Stelle durch persönliche Netzwerke gefunden. Das wird Ihnen künftig verwehrt, wenn man sie daran hindert,in bestimmte Großstädte zu ziehen. Wir dürfen niemanden überfordern, sondern müssen die Lasten gemeinsam tragen.

Wer wirklich die Integration fördern will, sollte Flüchtlingen dorthin ziehen lasse, wo sie für sich die besten Lebensperspektiven sehen.Deswegen brauchen wir ein Steuerungsinstrument wie die Wohnsitzauflage. Von dem Bürokratieaufwand ganz zu schweigen.

Diese Steuerung ist Ausdruck einer doppelten Verantwortung: gegenüber den Flüchtlingen und gegenüber der Aufnahmegesellschaft. Wieso werden diese Erfahrungen einfach ignoriert? Widerspricht sie denn allen Erkenntnissen der Migrationswissenschaft?

Gebracht hat es nichts.

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