Dienstag, 29. Dezember 2020

Schwarm 2 Ein Gefolgsmann

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In meiner Dienststelle gab es so manche Gefolgsleute. Je niedriger im Stand, umso gerechter, je höher, umso gleichgültiger. Einer fällt mir ein,  das war so ein recht gemütlicher Typ, genannt die Stille.

Er verstand seine Aufgabe so, dass er dem Chef gegenüber treu zu sein hatte und sonst - nichts! Er hielt seine Miarbeiter an der Leine und die Bürger fanden in ihm einen von Wichtig ohne Ahnung, der sie weiter oder zurück verwies. Er machte durch ausgeprägte Langsamkeit und Desinteresse im Fach einen höchst seriösen, beamtenhaften Eindruck nach Vorstellungen des 19. Jahrhunderts, sodass manche unbedarften Antragsteller sich reflexhaft in die Rolle der Bittsteller begaben. Seine Zunge war mit allen Weinchen bekannt, sein Outfit von tadelloser Spießigkeit. Dem Chef  gegenüber jeweils jovial, den Kollegen gegenüber loyal, ruhte er sich durch einige Beförderungen bis zur Pension hin aus, brav, unauffällig, den Mitarbeiter*innen das Denken überlassend, durch stark gebremsten Schaffensdrang zu geölter Beförderung warm empfohlen und pünktlich zur Stelle. Ein preußischer Beamter in der freien Republik.

Was ich gegen ihn hatte? Von mir verlangte man argwöhnisch ein Treuebekenntnis zur FDGO, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der machte nichts kaputt, genügte durch Gehorsam. Ob er auch dem Hitler mit Füße-still-halten gedient hätte? Das will ich nicht vermuten. Bei Trump hätte er sich jedenfalls auch nach oben geschlängelt.

Die Republik war ihm  lästig -was hatte er mit Politik am Hut?-, die Bürger*innen störten seinen leeren Schreibtisch. Für Führer war solcher Gefolgsmann nicht unbedingt hilfreich, aber er hielt Füße und Belegschaft still, war also gegenüber selbst denkenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorzuziehen, sofern nicht die Parteifreundschaft vorrangig Bedarf anmeldete.

In solcher Entwicklung wird der Staat mit der Zeit träge, österreichisch 1900, selbstgefällig, am Auftrag der Verfassung und an Kompetenz desinteressiert. Meine Erfahrung rät mir also zu, für öfteren Wechsel in der politisch verantwortlichen Spitze zu sprechen. 

Was aber, wenn neben karrieregeilen Plakatklebern der Partei zur Hauptsache Personal aus Pegidenstämmen zur Ablösung bereit steht? 


Klaus Wachowski 29.12.2020

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